John Mellencamp – Trouble No More :: Columbia

Man darf hier wohl von einer vollen Rolle rückwärts sprechen. Oder von Vorwärts in die Vergangenheit? Jedenfalls scheint John Mellencamp nun selbst die halbgaren Modernismen leid zu sein, mit denen er zuletzt seine Alben spickte und selbst aufgeschlossenere Fans enttäuschte. Stattdessen: alten Blues, Folk, Country etc. intensiv studieren und mal schauen, was davon auch heute noch überhaupt nicht alt aussehen bzw. klingen muss. Das ist natürlich einerseits in Zeiten, da Harry Smith bei einigermaßen Informierten kaum noch als britische Bekleidungsmarke durchgeht, nicht mehr den Funken originell. Andererseits ist das ohnehin keine Kategorie mehr, der sich Mellencamp heute noch unterwerfen müsste. Der Mann soll doch einfach das singen und spielen, was er am Besten kann, auch wenn das gerade mal keine eigenen Songs sind.

Und einiges hier kann er wirklich nicht übel. Etwa Hoagy Carmichaels „Baltimore Oreole“: Sparsame Perkussion, Geige, Akkordeon, ein rostiges Gitarren-Lick tragen den Song fort, Mellencamp holt ihn wieder heim mit seiner Stimme, entschlossen und intuitiv zugleich. „Teardrops Must Fall“, eine Vorlage aus den 50er Jahren von einer Band namens Dickie Doo 8C The Don’ts, und das aufgepeppte Traditional „Diamond Joe“ zeichnen den überschwänglichen Roots-Rock früherer Alben nach, während Bearbeitungen von Memphis Minnie („Joliet Bound“) und Überliefertes wie .Johnny Hart“ im akustischen Idiom verharren. „The End Of World“ (Original: Skeeter Davis) bleibt ganz Country-Melodram, derweil die romantische Seite dieser Medaille auf „Lafayette“ funkelt Dessen Autorin Lucinda Williams hier übrigens die einzig aktuelle bleibt. Zu forciert wirkt indes John The Revelator“, und Robert Johnsons „Stones In My Passway“ hat man einfach schon einmal zu oft gehört Doch einer dieser alten Songs erweist sich heute wieder als besonders relevant Weil man ihn immer wieder so schön umschreiben und auf die Zeitläufte münzen kann. In der Mellencamp-Version des Folk-Sing-A-Longs „To Washington“, das schon Woody Guthrie und Utah Phillips interpretierten, geht es zu guter Letzt um ein „Wahl“-Ergebnis in Florida, um Öl und um die gute alte Todesstrafe, „from Jesus Christ to Washington“.

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