Konstantin Wecker

Brecht

BMG Ariola

Brecht Wecker. Beide Dichter. Beide Bayern. Beide Weiberhelden. Brechtwecker, Weckerbrecht. So ungefähr wird „Brecht“ von Konstantin Wecker dem Plattenhandel verkauft. Jetzt sieht Wecker sogar aus wie Brecht. Aber wo ist die Zigarre? Man hat sich ja daran gewöhnt, daß der ehemals („Willi“) hochgerühmte „Bürgerschreck“, „Kraftlackl“ und „Mahner“ nur noch als tragischer Kokainist und Pleitier vorkommt, der „Tuilerien“ auf „Kokain“ und „fliehn“ reimt.

Doch der Koloß ist fruchtbar noch, läßt sich mit fröhlichen Afrikanern sehen und wogt bauchig im bis zum Gürtel aufgeknöpften Hemd in der Gospel-Kapelle, vorschriftsmäßig schwitzend, quillend und strahlend. Die Benefiz-Tournee in eigener Sache (die Schulden!) mußte mangels Besuchern vorzeitig beendet werden, und auch das Schaffen auf Tonträgern durfte schon lange vor dem Verfall an die Base-Pfeife marginal genannt werden, wo nicht unnötig.

Aber wo’s egal ist, wächst das Rettende auch. Im Knast steht noch ein Klavier, oder Wecker hat künstlerischen Ausgang -jedenfalls singt er wieder. Und zwar Brechts Lyrik, natürlich das Derbe, das Rustikale, das bajuwarisch Kreuchende und Fleuchende, das Trötende und Prustende. „Wenn sie trinkt, fällt sie in jedes Bett“ ist so ein Couplet, „Erinnerung an Marie A.“ kommt als Ballade, die „Ballade vom Mazeppa“ als lärmender Kirmes-Rabatz. Überhaupt versammelt Wecker alle Gemeinplätze des theatralisch-kulinarischen Chansontums: Tuba und Posaune und Akkordeon und große Pauken nebst einem Haufen Streicher schaffen unermüdlich eines: Atmosphäre. Und Ambiente. Für den Zirkus oder das Bistro oder das Stadttheater. So etwas kann er ja. In seichteren Passagen – „Vom Schwimmen in Seen und Flüssen“ – schwelgt das Saxophon, und Wecker gurrt ganz entspannt JDapdapdadap“ im Hier und Jetzt Ja, er hat seine Momente. Bloß: wofür?

„Hier will einer was sagen“, sülzt Klaus Emmerich („Regisseur, Bayerisches Staatsschauspiel“) im „Vorwort“ zum Werk. Emmerich hat auch was zu sagen: „Er ist einer der letzten Ehrlichen. Da wird er zu Baal. Da verheddert er sich im Dickicht der Städte.“ Da geht der Krug so lange zum Brunnen, bis er brecht. Das Koks ist aufgebraucht Es war die beste Zeit.