Kristin Hersh – Sunny Border Blue

Kristin Hersh hört Stimmen. Schon ganz lange, und inzwischen stört es sie auch nicht mehr. Ihr neues Album beginnt mit einem lakonischen „Du weißt ja, wie es ist, wenn einem die wirkliche Welt dazwischen kommt“ Diesmal singt die Songwriterin nicht von Engel und Elfen, sondern von eben der Realität, die sie immer wieder kalt erwischt. Allerdings ließ sie sich vor der Veröffentlichung dieser doch recht bitteren Zwischenbilanz von den „Betroffenen“ das Okay geben: „Alle, die ich emotional geoutet habe, kennen die Songs und sind mir nicht böse.“ Prima, prima.

Wie könnte man auch? Man muss diese Frau ja ins Herz schließen, aller Spinnerei zum Trotz und obwohl ihre Stimme bisweilen an den Nerven nagt Kristin Hersh hat den Mut, alles herauszuseufzen und -schreien; es ist ihr egaL ob sie dabei gemein klingt, durchgedreht oder ängstlich, erschrocken über ihre eigenen Gedanken.

„I don’t have to talk, but when I do and this is true/ There is nothing I won’t say“, singt sie in „Summer Salt“.

Als wüssten wir das nicht Manchmal, wenn das Leben besonders grausam ist, helfen ihr die Stimmen im Kopf, wie in „37 Hours“:“That day I quit smoking and swimming/ Fd heard some advice from above: ducking under, cramming it in isn’t falling in love.“ Die Liebe bleibt ihr liebstes Thema, und obwohl sie seit Jahren glücklich verheiratet ist, sind ihre Lieder nicht weniger düster: „There ’s always drooling zombies or at least one dick/ Fm having trouble focusing“ („Flipside“). Und wenn Kristin Hersh einen Song von Cat Stevens auwählt, dann natürlich nicht „Wild World“ oder „Morning Has Broken“, sondern „Trouble“.

Hersh hat auf „Sunny Border Blue“ wieder einmal alle Instrumente selbst gespielt und allein produziert Musikalisch gibt es wenig Neues zu entdecken sie rockt wieder ein bisschen mehr, aber immer noch sehr viel melodischer als zu Throwing Muses-Zeiten. Doch wegen aufregender Instrumentierung oder interessanter Songstrukturen wild sich keiner in sie verlieben. Es sind ihre seltsamen Metaphern, ihr zartes, gleichwohl energisches Gitarrenspiel – und Fragen wie „How many times can you get fucked in how many difletent ways?“, mit so unschuldiger Stimme vorgetragen. Damit kriegt sie einen jedes Mal.

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