Laibach – WAT :: Mute

Laibach, historisch: In einem frühen Film über die slowenische Industrial-Institution gibt es neben den üblichen Inszenierungen wie den militärisch paraphrasierten Lagebesprechungen der Band und dem ganzen „Laibach über Europa“-Planspielen eine Szene, in der die Musiker in ihrem Uniform-Look mit steinerner Miene einen Hügel herabschreiten. Einer aber stolpert dabei. Kurz lächelt er in die Kamera, verlegen beim Menschsein ertappt.

Die Musik von Laibach lächelt nicht. Nie. Nach den brachialen Kommentaren zu den großen Themen wie „Kapital“, „Nato“ und Jesus Christ Superstars“ wird bei der neuerlichen Verkündung vom Feldherrenhügel herab in „WAT“ das ganze Spielfeld zwischen Hölle und Himmel aufgerissen. „WAT“, im Titelsong zu „We Are Time“ aufgelöst, darf dabei auch als das Wort für die Tempelanlagen Ostasiens gelesen werden, und schon ist man wieder mittendrin in dem semiotischen Kasperltheater, auch weil die Musik ein ganzes Stück besser funktioniert, wenn man sich dazu die Bilder vorstellt, mit denen Laibach bei ihren Konzerten das Publikum zu bombardieren pflegen, also dieser Taumel aus faschistischer, futuristischer und realsozialistischer Ikonenproduktion.

Weshalb man am Anfang von Laibachs Karriere ja so schnell mit dem Faschismus-Vorwurf bei der Hand war. Aber mit stumpfsinnigen Eins-zu-eins-Übersetzungen kam man noch nicht einmal von Laibach bis nach Ljubljana (in Deutsch eben Laibach), in dessen Nähe die Gruppe 1980 gegründet wurde und sich seither als prominentester Kopf einer Hydra von künstlerischen und philosophischen Projekten, zusammengefasst unter dem Signum NSK – Neue Slowenische Kunst – installiert hat.

Wirklich ironisch aber war das beharrliche Abarbeiten Laibachs an Ideologie und Ästhetikproduktion auch nicht zu verstehen, dass man doch mal aufatmen mag, wenn einem Laibach jetzt einen klaren Satz wie „Quadrat ist niemals Kreis“ ins Ohr rammen, vordergründig eindeutiger, um in diesem „Achtung!“ dann ein Netz von zenbuddhistischen Paradoxien auszuwerfen: „Der Linke ist nicht zur Linken, und Rechter niemals recht/Die Sprache ist ohne Inhalt, Gesetz nur ein Papier/Das Wahre ist nicht immer Wahrheit/Aber wir sind wirklich hier.“ Dieser Technogospel sollte eigentlich ein Antigjobalisierungshit werden, die Single „Tanz mit Laibach“ ist in etwa ein revitalisierter „Mussolini“ von DAF, überhaupt der bekannte musikalische Stiefelschritt auf „WAV, Discorock-Krawumm mit dräuenden Chören und Horngeschmetter. Wieder macht es auf Dauer auch mehr Spaß, Laibach zu denken, als wirklich alles an einem Stück zu hören, aber mit ihren als Behauptungen verkleideten Fragen bringen sie einmal mehr notwendige Verunsicherunsi in die Welt.

„We don“t intend to save your souls“, schnarrt es beim Titelsong. Die Götter sind auch nur Götzen. Man muss sich Laibach als Menschen vorstellen.

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