Leonard Cohen

Popular Problems

Columbia/Sony

Wohltemperierte Erbauungslieder vom einstigen Fatalisten

Letzte Zurüstungen für die Unsterblichkeit: Von einem Alterswerk wurde schon 1988 geschrieben, als Leonard Cohen „I’m Your Man“ veröffentlichte, das Dokument einer tiefen Schaffenskrise, von Depressionen und Selbstzweifeln. Seit „The Future“ haben Cohens Platten etwas Kalmiertes, Grabesruhiges – die Tanztee-Arrangements, die georgelten Rezitative, die milde Ironie künden von Seelenfrieden und Einsicht in die Unvermeidlichkeit aller Dinge. Auf der Bühne inszeniert sich der einstige Fatalist und Mystiker heute als wohlig brummelnder Gentleman mit Hut: jede Geste ein Abschied, jede Sentenz in Gold gerahmt.

Nun ist Cohen tatsächlich so alt, wie er schon immer klang – aber die Songs sind keine Verstörungslitaneien mehr, sondern wohltemperierte Erbauungslieder und melancholische Vignetten. Patrick Leonard hat die Musik geschrieben (nur ein Lied stammt von Anjani Thomas, eines von Cohen selbst) und das Album auch produziert: eine Meisterleistung in Mäßigung und Pointillismus. Hier ein kleines Bassmotiv, dort ein wenig Violine, Piano, Orgel, ein Bläsertusch, immer der Chorgesang von Charlean Carmon, Donna Delory und Dana Glover. 

Wie ein verschmitzter Dalai Lama der melodischen Lebensklugheit raspelt und raunt Leonard Cohen mit diesem gutturalen Bassbariton: „It’s not because I’m old/ It’s not what dying does/ I always liked it slow/ Slow is in my blood.“ In „A Street“ resümiert er: „The party’s over/ But I landed on my feet/ I’m standing on this corner/ Where there used to be a street.“ Der gelinde countryeske Aufgalopp „Did I Ever Love You“ gemahnt  an ähnliche Stücke von Mark Knopfler, „Nevermind“ ist ein minimalistischer, trockener Funk um ein Riff, „Born In Chains“ glühendes Gospel-Pathos. Mit „You Got Me Singing“, seufzender Geige und Engelsstimmen gleitet Cohen heim: „You got me singing/ Even tho’ it all looks grim/ You got me singing/ The Hallelujah hymn.“ Der alte Schlingel.