Leonard Cohen – The Complete Studio Albums Collection

Nachdem der alte Barde auf die Bühnen der Welt zurückgekehrt war, entfaltete sich eine neue Begeisterung für Leonard Cohen – auch bei der Plattenfirma, die schnell Live-Alben und Compilations auf den Markt brachte. Jetzt wurde sein Gesamtwerk in einem Karton mit schlichten Papp-Hüllen versammelt; die Songtitel muss man zuweilen in dem schmalen Begleitheft suchen.

Ach ja, man kennt sie doch alle bei „Songs Of Leonard Cohen“ (*****), dem späten Debüt des Schwerenöters, der sich zu der Platte überreden ließ. „Suzanne“, „So Long, Marianne“, „Sisters Of Mercy“, „Hey, That’s No Way To Say Goodbye“: alle Klassiker. Und vielleicht achtet man jetzt auf die wunderbaren Bläser im Hintergrund und die Fiedeln, die Geräusche. Subtil. „Songs From A Room“ (1969, **HH1/2), auf der Rückseite das Foto von der Schwedin an der Schreibmaschine in der kargen griechischen Stube: Cohen hat den romantischen Firnis abgeworfen und ist ganz Mann in „The Partisan“, „A Bunch Of Lonesome Heroes“, „The Butcher“, „You Know Who I Am“. Fürs Songbook: „Bird On The Wire“.

„Songs Of Love And Hate“ (1971, *****) ist ein Song-Zirkel von ungemütlichstem Existenzialismus: Zu kargem Gitarrenspiel spricht der Dichter schwärzeste Wahrheiten gelassen aus – „Avalanche“, „Dress Rehearsal Rag“, „Famous Blue Raincoat“ sind resignative Einsichten in die Einsamkeit des Menschen. „New Skin For The Old Ceremony“ (1974, **HH1/2) hat bei manchen Stücken eine kräftigere Pranke – „Lover Lover Lover“ wurde später ein kleiner Hit in Deutschland. „Chelsea Hotel No. 2“, „A Singer Must Die“, Who By Fire“ gehören zu Cohens berühmtesten Songs.

Die köstlichsten Anekdoten ranken sich um die verrückte Paarung von Phil Spector und Leonard Cohen. Der egomanische Produzent legte sich mit dem ebenfalls egomanischen Songschreiber an – Spector wurde derart wütend, dass er Cohen schließlich mit einer Pistole bedrohte. „Death Of A Ladies‘ Man“ (**HH, 1977) hätte Cohens Meisterwerk sein können, und „True Love Leaves No Traces“, „Iodine“ und „Paper-Thin Hotel“, mit Orchester-Aplomb aufgenommen, erfüllen die schönsten Erwartungen. Doch der schweinigelnde Unfug „Don’t Go Home With Your Hard-On“, das krachlederne „Fingerprints“ und das nicht so spannende wie lange „Death Of A Ladies Man“ verweisen darauf, dass Cohen offenbar erschöpft war. Mit „Recent Songs“ (1979, **) hatte er die Senke seines Schaffens erreicht.

Columbia wollte „Various Positions“ (1984, ****1/2) in den USA nicht herausbringen, das Album erschien zunächst auf einem Kleinstlabel. Jon Lissauer und Leanne Ungar hatten dem maladen Genie zu einem neuen, halb synthetischen Sound verholfen, und „Hallelujah“, „Dance Me To The End Of Love“, „The Night Comes On“ und „If It Be Your Will“ sind majestätische Songs. Nach vier weiteren Jahren von Depressionen und Selbstzweifeln befreite sich Cohen mit „I’m You Man“ (*****) und den Stücken, die heute den zweiten Stamm seiner Klassiker bedeuten: „First We Take Manhattan“, „Take This Waltz“, „Tower Of Song“, „Everybody Knows“. Bis zu „The Future“ (1992, **HH) war Cohen allerdings fast wieder vergessen. „Democracy“, „The Future“ und „Closing Time“ beschreiben die Welt, wie sie erst zehn Jahre später erkennbar wurde.

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