Liam Finn :: Fomo

Nein, das ist keine neue Crowded-House-Platte, sie klingt nur so.

Nicht jedes Popstarkind hat so viel Glück wie Coco Sumner, die einen ganz anderen Musikgeschmack hat als Mama oder Papa. Liam Finn zum Beispiel, der 1983 zur Welt kam – kurz bevor sein Vater Neil Finn Split Enz auflöste und Crowded House gründete. Es gibt Fotos, die zeigen, dass Papa Finn seinen Sohn schon als Zweijährigen bei Crowded-House-Tourneen mit auf die Bühne schleppte, und die frühkindliche Prägung erklären, der sich Liam Finn auch auf seinem zweiten Album „Fomo“ (sein Debüt „I’ll Be Lightning“ erschien 2007) nicht entziehen kann.

Wie sein Vater mag er am liebsten sanfte Popmelodien. Und weil Liam Finns Stimme der seines Vaters ziemlich ähnelt, fühlt man sich bei eingängigen Indie-Pop-Nummern wie „Don’t Ever Know Your Name“ oder „Reckless“, bei angesoulten Stücken wie „Cold Feet“, bei mal ausufernden, mal zart-akustischen Balladen wie „Roll Of The Eye“ oder „Change The Seasons“ an das Crowded-House-Repertoire erinnert.

Liam Finn ist aber ein viel zu ambitionierter Songschreiber, um mit einschmeichelnden Melodien nur das väterliche Werk fortsetzen zu wollen. Er hat das Album nicht ohne Grund „Fomo“ genannt – ein Akronym, das für „Fear of missing out“ steht, für die im Zeitalter von Facebook und Twitter allgegenwärtige Angst, etwas zu verpassen. Bei seinen Versuchen, sich musikalisch zu emanzipieren, eignet er sich verschiedene Stile an, kann sich dabei nicht zwischen den Shins, deren empfindsamer Indie-Pop in Songs wie „Neurotic World“ und dem nur scheinbar süßlichen „Little Words“ nachhallt, und TV On The Radio entscheiden, deren Kunst der Überfüllung er in „Struggle“ und „Jump Your Bones“ durchaus gekonnt nachempfindet.

Am meisten beeindruckt Liam Finn dann aber doch mit „Real Late“, in dem er eigenwillige Sounds, Rhythmisierungen und Songstrukturen auftut und sich selbst vielleicht näher kommt als irgendwo sonst auf dem Album. (Transgressive/Cooperative) Gunther Reinhardt

Beste Songs: „Real Late“, „Jump Your Bones“

Jonathan Jeremiah ***¿

A Solitary Man

Aus der Zeit gefalleneer Soul-Pop, der akustisch am besten gelingt

Mit dem Albumtitel traut sich der Mann gleich mal was. Aber wer Neil Diamond schon aus nächster Nähe bei der Arbeit zuschauen durfte, und sei es nur im Brotjob als Sicherheitskraft in der Wembley Arena … Die Musik, die der Londoner Sänger und Songschreiber auf seinem fast komplett selbstproduzierten Debüt anbietet, stammt deshalb nicht gleich „aus einer anderen Welt“ (wie es die Firma gern hätte). Sie ist nur ein bisschen aus der Zeit gefallen. Ob die schlichte, betont naturalistische Cover-Optik oder die heimelige Analog-Atmosphäre der Studiofotos im Booklet, hier riecht es wirklich schwer nach ca. 1971. Sogar das Label, Island, passt dazu wie die Faust aufs Auge. Dort waren damals schließlich auch Nick Drake oder John Martyn aktiv, und die schwingen im Titelstück und „Happiness“ durchaus nach, ohne Jonathan Jeremiah zu nahe zu rücken.

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