Long Distance Romancer :: Zwei Pubrock-Klassiker des Briten, famos remastered

Dass der gute Chris Welch ihn in den Liner Notes zur Neuauflage von „Juppanese“ noch einmal als „weißen Chuck Berry“ vorstellte, ist wohl einem Missverständnis geschuldet, das den Kollegen Wilco Johnson zu diesem Vergleich inspirierte. Denn wenn jemand so gar keine Neigung zu exaltierteren Varianten des Showbusiness entwickelte, dann Mickey Jupp, gemessen am Bühnenauftritt eines Dave Edmunds oder Nick Lowe fast so etwas wie der Buster Keaton des Pubrock. Lowe hatte mit deren Band-Projekt Rockpile die A-Seite der „Juppanese“-LP produziert und eingespielt, auch schon seinen neuen Song „Switchboard Susan“. Als Jupp den zum fertig vorliegenden Backing-Track partout nicht singen mochte, nahm Lowe das Band und verwendete es umgehend für seine nächste LP.

Weil sich seine notorischen Songschreiber-Qualitäten da längst rumgesprochen hatten und Jupp den von 10cc wegen höherer Ambitionen geschiedenen Kevin Godley und Lol Creme versuchsweise ein paar Demos schickte, waren die durchaus angetan von der Idee, dem Kollegen als neue Produzenten zu längst überfälliger Popularität zu verhelfen. Jetzt endlich war er auch bereit, „Switchboard Susan“ aufzunehmen. Aber im Vergleich zum pure pop for now people, als den Lowe/Rockpile das Lied für „Labour Of Lust“ deuteten, war es mehr eine kleine Art-Rock-Musik mit netter Verbeugung in Richtung Roxy Music, Jupp als long distance romancer eher traurig bis resigniert klingend. So wie auch bei „You Made A Fool Out of Me“,“True Love“ und „Barbara“, er ganz brillant in der Rolle des notorischen Verlierers, dem Frauen einfach nicht ihr Herz schenken mögen. Die spielt er aber nicht bei „You Know What I Mean“, dort seinen besten Jerry Lee Lewis gebend. Fabelhaft produziert ist er auch bei „Make It Fly“ und der Ballade „Hard Times“, seine Sangesqualitäten ungleich besser dokumentiert als bei den wenigen erhaltenen Konzertmitschnitten.

Mehr Jerry-Lee-Lewis-Hommage gab es mit „Monty Bronte And The Sisters“ auf dem nächsten, von den Sutherland-Brüdern Gavin und Ian produziertem Album „Oxford“ (1980, ***¿), Jupp wieder ganz „Old Rock’n’Roller“. Klassische Pubrock-Folklore war hier „Homework“,“Junk In My Trunk“ und „Don’t Talk To Me“. Auf uralte Music-Hall-Tradition griff er bei „Technique“ zurück. Am Ende war „Poison Girls“ eigentlich eine ideale Steilvorlage für Rockpile – und ausnahmsweise tatsächlich große Chuck-Berry-Hommage. Im famosen Remastering von Eroc kommen die Finessen der Produktionen, zumal die von „Long Distance Romancer“, besser zur Geltung denn je zuvor. (Repertoire) FRANZ SCHÖLER

Heinz Rudolf Kunze

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