Manassas – Pieces

Genau genommen war er nie ein Teamplayer, auch wenn die Liner Notes gleich zu Beginn behaupten, zu seinen vielen Talenten habe es immer gehört, sich mit den feinsten Musikern zu umgeben. Was ja nicht dasselbe ist. Viel zu viel Schnaps, Koks und Egotrips haben seinem Ruf über die Jahre mehr geschadet, als man – in Unkenntnis dieser Sachlage – nur auf Grund seiner Platten vermuten würde. Mehr noch als seine Beiträge zum Vermächtnis von Buffalo Springfield demonstrierten unlängst die auf “ Just Roll Tape“ erstmals veröffentlichte Demos vom April 1968, zu welchen musikalischen Höhenflügen Stephen Stills abheben konnte.

Einen Überschuss an Songmaterial produzierte er auch im Verlauf der Sessions mit Manassas. Von den mit Jimi Hendrix aufgenommenen mal ganz abgesehen (die demnächst wohl auch erstmals erscheinen dürften), darf man auch bei der jetzt vorgelegten Kollektion von „Pieces“ einmal mehr verwundert grübeln, wieso die all die Jahrzehnte unter Verschluss blieben.

Zwei der Songs kennt man zumindest in anderen Versionen von seiner

zweiten Solo-LP, „Sugar Babe“ mit geladenen Gästen und „Word Game“ gänzlich solo musiziert. In beiden Fällen gerieten die mit Manassas eingespielten und hier nachgereichten Aufnahmen locker um ein oder gar zwei Klassen besser. Gegenüber der offenbar verworfenen, hier jetzt zu hörenden Aufnahme von Chris Hillmans „Lies“ klingt die auf Manassas op. 2 „Down The Road“ mehr wie eine – wenngleich durchaus vorzügliche – Proben-Version! Bei der ins Archiv verbannten harmonierten Stills und Joe Walsh eleganter. Nur bei „Do You Remember The Americans“ kann man nachvollziehen, warum die Wahl auf das countryrockig arrangierte Take von „Down The Road“ und nicht die weit mehr uptempo als pures Bluegrass-Stück musizierte Version fiel.

Letzterer Song stammte im übrigen nicht aus der Feder von Bluegrass-Spezialist Hillman. Auch den hatte Stills geschrieben, der sich mit dem Manassas-Projekt nicht ganz uneitel als ein Allround-Talent in allen möglichen Stilen und Disziplinen profilieren wollte, die man heute gern unter dem Begriff Americana zusammenfasst, dabei gern auch Abstecher in Country-, Blues- und Gospel-Gelände riskierend.

Allenfalls mit Stills‘ Egozentrik lässt sich erklären, warum er den „Love And Satisfy“-Blues von Hillman nicht auf einer Manassas-LP untergebracht wissen wollte. Das kann man nicht nur als dessen Slim Harpo-Hommage verstehen, das hatte sogar eine gewisse Little Feat-Klasse und ist von allen Session-Überbleibseln aus der kurzen Karriere dieser Band eines der allerbesten. Dazu zählt auch „High And Dry“, eingestandenermaßen Stills‘ „Lonely Avenue“-Klau als nächtliche Jamsession mit zugemischtem Publikumsapplaus als Pseudo-Live-Dokument von Manassas.

Die Band ging in die Annalen der Rockmusik ein als Gruppe, die nie das Versprechen einlöste, das sie mit dem Debüt und den folgenden Tourneen gegeben hatte.

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