Martha Wainwright

Come Home To Mama

V2/Cooperative

Der König des Totenreichs hat ihre Tochter Proserpina entführt! Doch tapfer kämpft die Mutter Ceres um das Mädchen; klagend steht sie am Tor zur Unterwelt und fordert und fleht: „Come home to Mama!“ – „Proserpina“ heißt die erste Single und das Herzstück des neuen Albums von Martha Wainwright; es ist auch das letzte Stück, das ihre Mutter Kate McGarrigle vor ihrem Krebstod im Januar 2010 komponiert hat. Die Klage der Mutter um ihre im Totenreich verschwundene Tochter wird zum Totenlied der Tochter für ihre Mutter: So bewegend, wie Martha Wainwright hier die Perspektiven wechselt und ineinander verflicht, so virtuos wechselt sie in ihrer gesamten Musik zwischen dem Innen und dem Außen, dem Intimen und dem Artifiziellen, zwischen der wahrhaftigen Gestik der Folkmusik und dem dramatisch-artifiziellen Pathos.Die Hauptrolle spielt dabei immer noch die Familie. Das Liebeslied für ihre Mutter kann man auch als Gegenstück zu dem Hassgesang hören, mit dem Martha Wainwright 2005 bekannt wurde: Er war ihrem Vater Loudon Wainwright III gewidmet und trug den Titel „Bloody Motherfucking Asshole“. Auch Marthas Ehemann Brad Albetta kann sich jetzt an die Wainwright’sche Familiensitte gewöhnen, intime Details nach außen zu kehren: In „Can You Believe It“ singt Martha davon, wie sehr sie „Versöhnungssex“ mit ihm mag – „schließlich ist es der einzige, den ich bekomme“. Albetta, der früher auch schon als Marthas Produzent arbeitete, hat diese Aufgabe nunmehr an Yuka Honda abgegeben, eine Ex-Freundin von Sean Lennon, in dessen Studio das Album wiederum entstand. Gemeinsam haben sie Wainwrights bislang recht Countryrock-lastigen Gesamtsound gedämpft, vorsichtig modernisiert und gelegentlich sogar mit minimalen Synth-Schleifen grundiert. Darüber aber erstrahlt Wainwrights schöne Stimme umso heller und tapferer – gerade auch in den dunklen Klage- und Bittgesängen, von denen es hier so viele zu hören gibt.