Mission Of Burma :: ONoffON

Das sind so Anekdoten aus der Zeit, als die Musik gelegentlich noch unter Ausschluss der Öffentlichkeit revolutioniert wurde, als Messiase oft erst erkannt wurden, wenn sie schon gen Himmel gefahren waren. Ganz großartig, dass sich nun die Band Mission Of Burma unter unser aller Augen wiedervereinigt hat, 20 Jahre nach dem Ende ihrer kurzen Geschichte. Ihr Ruhm, ihre Reputation war doch nur durch Mund-zu-Mund-Uberlieferung so donnerhallend geworden, denn außerhalb von Boston ging Anfang der Achtziger kaum jemand los, um sie zu sehen. Und selbst von denen lügt jeder dritte. Noch nicht einmal das Wort Indie gab es damals; die eine EP und das eine Album wurden viel zu spät wiederveröffentlicht, und die Zeugen sagen eh, dass die Platten nichts sind im Vergleich zur kugelblitzartigen Live-Performance.

Lustigerweise klingt das zweite Mission Of Burma-Album von 2004 fast genau wie das erste von 1982. Sie sind noch immer eine sehr besondere Band, heute aus anderen Gründen, die man auf einem Milchzettel nachrechnen kann: Früher war ihr empörter Musikhochschul-Punk dem Publikumsgeschmack voraus, weshalb sie niemand verstehen konnte.

Jetzt wirkt diese Musik wie ein nostalgischer Rückhall, der jeden wehmütig stimmen wird, der die ganz frühen R.E.M., Hüsker Du und die Pixies in ihrer Zeit erlebt hat „ONoffON“ müsste in einem handkopierten Cover stecken, mit Abbildungen von Konzertflyern im Booklet Eine Platte, auf der der Punk noch nicht in die gewohnten Genres auseinanderdividiert ist, auf der sich die Gitarre gut daran erinnert, dass eben noch Folkrock auf ihr gejangelt wurde, und tatsächlich ein vierter Mann experimentelle Tonbandschleifen zuspielt (sehr kontrolliert allerdings). Sie passen gut auf, keinesfalls nach mehr zu klingen als nach der Summe ihrer instrumentalen Einzelteile, und wie früher hat Bassist Clint Conley die Hits geschrieben, Gitarrist Roger Miller die komplexen Mehrteiler (wieder einen Song über Max Ernst!) und Schlagzeuger Peter Prescott beides.

Umständlich, dass sich Mission Of Burma wiedervereinigen müssen, damit so eine selige Prä-Grunge-Platte erscheinen kann. Andersrum gefragt: Was hätte man erwartet nach 20 Jahren zusätzlicher Reife und dem hervorragenden Avantgarde-Rock, den der Tinnitus-kranke Miller zwischendurch mit Keyboards gemacht hat? So gesehen ist „ONoffON“ freilich nur ein gemütliches Alterswerk, das den Furor und aggressiven Eroberungswillen der frühen Burma-Sachen imitieren kann, mehr nicht. Sie waren notorisch schwierig und verkannt. Heute sind sie leichter und berühmter denn je und wirken ein bisschen unterfordert dabei.

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