Nick Tosches – Hellfire

Hellfire (Edition Tiamat, 16 Euro) von Nick Tosches erschien im Original erstmals vor gut 25 Jahren und Ende der 80er Jahre auch in deutscher Übersetzung, war indes lange nicht erhältlich. Nun gibt es sie wieder, die furiose, furchtlos Maßstäbe setzende Abrechnung mit dieser Travestie, die gemeinhin Musikindustrie genannt wird, ein Universum, das nie Heimstatt sein konnte für einen wie den Killer aus einem White-Trash-Winkel in Louisiana. Tosches reportiert in einem unwiderstehlichen Rhythmus. So wie Lewis das Piano bearbeitet, mit der Linken das Höllenfeuer schürend, voller Verachtung für das, was er nicht einmal verstand: das Prinzip Anpassung. Sein Blickwinkel sei der eines Zynikers, wurde Tosches oft vorgeworfen, doch sind Zyniker erstens nichts anderes als enttäuschte Optimisten, und zweitens gelingen dem Autoren bei aller Lakonie so nahegehende, ja anrührende Beschreibungen, dass diese Kritik bei der Lektüre gegenstandslos wird. Etwa wenn es um Jerry Lees Scheinbewältigung des Ehe-Skandals in England geht, oder um seine Kindheit, die seiner Obhut anvertraute kleine, nervtötende Schwester, die auf eine Heuschrecke trat, deren gebrochenes Bein der Bruder gerade mittels Streichholz und Bindfaden geschient hatte. Gewalt zieht sich wie ein roter Faden durch dieses Leben, Tosches weiß um ihre Ursachen, im Englischen sicher fulminanter und gefühlsechter, diese Edition bietet dafür lohnende Nachbetrachtungen von Oliver Huzly und Sky Nonhoff.

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