Orson – Culture Vultures

Im Zirkus wird die Kunst der Kontorsion durchaus hoch geachtet. Im wirklichen Leben schätzt man die Fähigkeit, seinen Körper schlangengleich zu verbiegen, dagegen eher gering, da sich Menschen ohne Rückgrat im alltäglichen Umgang als unzuverlässig erwiesen haben. Darüber, was von Songs zu halten ist, die ohne Rückgrat auskommen, von Musik, die es versteht, sich mit einer spielerischen Leichtigkeit in alle Richtungen zu dehnen und strecken, dürften darum die Meinungen auseinandergehen. Zum Beispiel bei der Band Orson, die für eine knuffige Melodie, eine hippe Hookline, einen mitreißenden Beat ihre besten Freunde verraten würde.

Wenn die Combo aus Hollywood auf „Culture Vultures“, dem Nachfolger ihres platinprämierten Debüts „Bright Idea“ (2005), einen Song namens „The Contortionist“ hat. erzählen Orson natürlich von sich selbst: „Call me Kevin, Chris or Johnny, George/ Whatever you choose/ I’m in disguise telling lies.“ Tatsächlich weiß man bei dem Quintett nie genau, woran man ist. Verlass ist nur darauf, dass die Songs sofort in Ohr gehen.

Wie bei Ernst Stankowskis „Erkennen Sie die Melodie?“ geht es bei Orson zu: „Radio“, eine nostalgische Ode an jugendliche Verrücktheit, schlängelt sich mit Powerchords und jubilierendem Synthie an den Cars und Loverboy vorbei durch den 8os-Pop. Der Stimmungshit „Ain’t No Party“ wirkt wie ein dubioser Zwitter aus „1999“ von Prince und dem gesamten „Freeze Frame“-Album der J. Geils Band. Bei „Debbie’s Gone“ fällt einem Rick Springfield ein, das hübsche „Northern Girl“ klingt wie einer der besseren Songs von Hall & Oates, „Everybody“ klaut sich die Streicher und Harmonien bei ELO und den Bee Gees, um einen schließlich mit einem erstaunlichen Bläsersatz doch noch ziemlich zu überrumpeln.

Selten verlässt die Band ihr Gespür für den Pop – etwa in der leer laufenden Ballade „Where Are You Tonight“, dem etwas zu stupide stampfenden „Little Miss Lost And Found“ und der Partynummer „Gorgeous“, die sich ans zum Offbeat zuschnappende Hi-Hat klammert. Ober die Tanzfläche wirbelnde Nummern wie „Broken Watch“ oder „Cool Cops“ entschuldigen solche kreativen Auszeiten aber. Schließlich brauchen auch Schlangenmenschen mal eine Verschnaufpause.

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