Paul Kelly – Deeper Water

Paul Kelly Musliroom RTD Abrupt hält der taumelnde Beat inne, bleibt nur noch als pochendes Metrum fast lautlos stehen. Erwartungsvolle Fast-Sttlle, in die hinein Paul Kelly die folgenden Zeilen fast wie zu sichselbst eher spricht als singt: „I can’t believe she fucked you here and then fed me füll of lies/ Why don’t I go and get her now – and you can fiick her again right before my eyes.“ Bitterkeit liegt, natürlich, in diesem Nachruf auf so unfaßbar zerstörtes, gleich doppelt mißbrauchtes Vertrauen, aber es schwingt durchaus auch eine Spur voyeuristisches Interesses mit. Was wäre, wenn tatsächlich…? Paul Kelly ist nicht nur ein Mann für gewisse Stunden, der vergibt, aber nie vergißt, sondern auch ein weithin unterschätzter Songwriter. Seit rund einer Dekade schon liefert der Australier Qualität, früher mit fester Band (The Messengers), heute solo mit wechselnden Begleitern, die ihm auch auf „Deeper Water“ zwischen kräftigem Gitarren-Pop, sparsam-effektiver Akustik-Inszenierung und weitläufigen Sound-Scapes ein angemessen-eigenständiges Sound-Profil erarbeiten – traditionell zwar, aber nicht verhärmt und altbacken. „Deeper Water“ ist (siehe Cover) zuallererst eine erotische Metapher. Gleich zum Auftakt („Blush“) lockt der (faule?) Zauber salziger Brüste (wir sind am Indischen Ozean!) und „Extra Mile“, eine ziemlich unverhohlene Oral-Sex-Phantasie aus männlicher Perspektive, ähem, „wippt“ milde fordernd („Baby, it’s sink or swim…“) und erwartungsfroh daher. Doch im Titelsong wird daraus auch ein Sinnbild des Todes, der die Frau zu früh abruft. Kelly legt nahe, daß Mann und Kind dem Ruf nachfolgen werden, läßt dies letztendlich aber offen. „Deeper Water, calling them on…“ Der Songwriter Paul Kelly ist vom Sänger Paul Kelly kaum zu trennen, dessen müde Sinnlichkeit fernab viriler Posen viele dieser Songs fast wie in Trance trägt. Vermutlich würde einiges hier in anderer Interpretation verblassen. Doch Kelly ist auch munter genug, um der Tochter, die Papa nicht schlafen läßt, ein kleines Afro-Pop-Ständchen darzubringen. Den noch fernen, aber sicheren Verlust antizipiert er hier mit trockenem Humor. „When you cry so hard I wish you’d stop sobbing/ You’re gonna grow up soon and just want to go Shopping.“ Und in „Anastasia Changes Her Mind“ findet der gehörnte Lover einen Kuß auf dem Spiegel und Kondome neben dem Bett, um dann doch unter der alten Nummer bei ihrem neuen Boyfriend zu landen. Ein australischer Kritiker nannte die Songkunst des Paul Kelly „leidenschaftlich, direkt und wirkungsvoll“. Keine Einwände von dieser Stelle. Jörg Feyer

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