Prince

Batman

Warner Bros

Kritiker bemängeln am „Batman“-Soundtrack mangelnde Tiefe: Die Lieder würden nur alberne Filmsituationen beschreiben. Dabei lässt sich zwischen den Zeilen leicht erkennen, dass in dieser hochklassigen Song-Sammlung persönliche Erfahrungen stecken.

In den Figuren des Batman und dessen Widersacher Joker, sagte Prince, findet er sich wieder: Gut und Böse, Licht und Schatten, Frieden und Krieg, „innere Zerrissenheit“, etc.

Deshalb hat der 31-Jährige nicht lange gezögert –  und zum ersten Mal in seiner Karriere eine Auftragsarbeit angenommen. Prince erklärte sich bereit, Songs über bereits bestehende Charaktere und ihre Lebenswelten zu schreiben, anstatt seine eigenen, jüngeren Theorien über Gott („Lovesexy“) und den Teufel („The Black Album“) zu vertiefen. „Spooky Electric“, wie Prince seinen ganz eigenen Dämon nannte, hat scheinbar ausgedient. Stattdessen schuf er die cineastische Figur des Gemini: eine Mischung aus Joker und Batman, dazu bemalte er sein Gesicht zweifarbig. Angeblich war Prince derart angefixt gewesen, dass er überlegt haben soll, den Japan-Abschnitt seiner „Lovesexy“-Tour im Februar 1989 komplett abzusagen.

Prince war nun ein Künstler, der sich ganz in den Dienst einer fremden Sache stellte. Zumindest auf den ersten Blick.

Prince, der bedeutendste Musiker des Jahrzehnts, brauchte 1989 auch einfach wieder Geld. Seit dem fünf Jahre zuvor erschienenen „Purple Rain“ verkauften sich seine Alben trotz überragender Kritiken zunehmend schlechter. Sein jüngstes Album „Lovesexy“ setzte gerade mal eine Million Tonträger ab, die dazugehörige Tournee, bei der er auf der Bühne ein Auto, hydraulische Plattformen, einen Basketballkorb sowie einen Schaukel-Spielplatz präsentierte, war ein Minusgeschäft.

Die Neunziger standen vor der Tür, und Prince fürchte um seinen Status als Superstar. „Batman“ war sein Ticket zum Erfolg – in Hollywood galt die Produktion schon vor Erscheinen als Blockbuster des Jahres.

Kritiker bemängeln am „Batman“-Soundtrack mangelnde Tiefe. Der Score sei oberflächlich, da sich die Lieder scheinbar nicht um Prince drehen und stattdessen Filmsituationen beschreiben. Dabei lässt sich zwischen den Zeilen leicht erkennen, dass in dieser hochklassigen Song-Sammlung persönliche Erfahrungen stecken.

Im Album-Opener „The Future“ befand Prince sich offenkundig noch im Bann seines missglückten Ecstasy-Trips von 1987, der der Legende zufolge zur Nicht-Veröffentlichung des „Black Album“ und zur spirituellen Ersatz-Platte „Lovesexy“ führte: „Yellow smiley offers me X / like he’s drinking 7 Up / I would rather drink six razor blades / razor blades from a paper cup“. Zu dem Funk-Rhythmus, einem der besten, den Prince bislang auf seiner Linn-Drummachine programmierte, gesellt sich ein geisterhafter Gesang. Vielleicht sein bestes Eröffnungsstück überhaupt. Der Übergang zu „Electric Chair“ zeigt die nächste Großtat: So laut hat Prince seit „The Beautiful Ones“ von 1984 nicht mehr geschrien, auch die Gitarre hat er auf Anschlag gedreht, er singt über die Todesstrafe in einem Staat, der sexuelle Gedanken verbietet.

Das kurioseste Stück ist sicher „Batdance“, das Prince seine erste Single-Nummer-Eins seit drei Jahren bescheren sollte. Es ist aus der Not entstanden: „Batman“-Regisseur Tim Burton war Prince-Fan, jedoch mit einigen Song-Ideen seines Lieblingsmusikers nicht einverstanden gewesen. „200 Balloons“ wurde deshalb nur zu einer B-Seite, auch das bis heute unveröffentlichte „Dance with the Devil“  war nach Burtons Ansicht kein Hit in spé.

Man kann sich das heute wie damals gar nicht vorstellen: Prince musste zurück ins Studio, weil ein Auftraggeber Verbesserungsvorschläge machte. So aber entstand das sechsminütige „Batdance“: ein Song ohne Strophe-Refrain-Struktur, dafür voller Dialog-Samples, Rhythmus-Änderungen, Lied-Skizzen („We Got The Power“) und einem Prince, der seine Gitarre wie ein Metal-Musiker bearbeitet. Das Lied kam einem fast wie eine Protestnote gegen Tim Burton vor. Dem Batman-Hype sei Dank, erklomm aber dieser auch für Prince-Verhältnisse rebellische Song die Spitze der Charts. Vielleicht war das auch sein Mittelfinger an die Fans, die ihm davongelaufen waren und seine Alben nicht mehr kauften. Seine Botschaft: Dann komme ich halt damit durch.

„Batman“ wurde zu einem der am meisten unterschätzten Song-Soundtracks überhaupt. Wer vom Fledermaus-Hype genervt war, und das waren viele, die wollten der Platte keine Chance geben. Das Album bescherte Prince mit – verschiedenen Quellen nach zu Urteilen – zehn Millionen verkauften Tonträgern dennoch ein Comeback. Der Musiker begann sogleich eine Affäre mit „Batman“-Hauptdarstellerin Kim Basinger. Die engagierte er als Sprecherin seines Mini-Albums „The Scandalous Sex Suite“ und nahm mit ihr das Album „Hollywood Affair“ auf – ein Vorläufer des New Jack Swing, leider nicht veröffentlicht.

Dann plante Prince, ganz auf dem Höhenflug, seinen nächsten Streich, einen neuen Kino-Film: die „Purple Rain“-Fortsetzung „Graffiti Bridge“.

Der Streifen, erschienen 1990, wurde eine Vollkatastrophe. Der dazugehörige „Graffiti Bridge“-Soundtrack aber ist, so musste es kommen, viel besser als sein Ruf.