Red Hot Chili Peppers

Stadium Arcadium

Warner

Funkrock nach Vorschrift, aber gewohnt gekonnt.

Das leidige Rock-Doppel-Album. Guns N‘ Roses haben sich damit das Genick gebrochen. Hätten sie das Material von „Use Your Illusion“ vernünftig verteilt. wären sie vielleicht erst ein paar Jahre später implodiert. Die Foo Fighters konnten mit ihrem voluminösen Brocken „In Your Honor“ keine Ehre einfahren, selbst Bruce Springsteen scheiterte. Doch die Red Hot Chili Peppers haben sich noch nie einschüchtern lassen von Tatsachen, sie tun es auch heute nicht.

Sie werfen uns 28 Songs hin, obwohl ein Dutzend gereicht hätte. Der Rest ist gut gemachtes Handwerk. Und das ist bei dieser Band so enttäuschend, weil der ganz große Wurf jetzt fällig gewesen wäre. Die Erwartungen waren kolossal nach „By The Way“; in Sachen Melodie, Lässigkeit und Kraft konnten sie das Album kaum überbieten. Wohin sollte es gehen? Es wurde von richtigem Pop gemunkelt, von wilden Experimenten und allem möglichen Quatsch, aber nun schummeln sich die Kalifornier quasi per Limbo unten der eigenen Messlatte durch. Sie machen einfach, was sie können. Nicht weniger, aber eben auch nie mehr.

Mit „Dani California“ wärmen sie gleich nicht nur ein altes Thema wieder (Mädchen hat’s schwer, muss kämpfen, stirbt trotzdem), die Musik wirkt ebenfalls nicht neu. „Charlie“ hat zwar eine unwiderstehliche Melodie, doch eine gewisse Redundanz lässt sich auch hier nicht abstreiten. Zu vieles erinnert an „Give It Away“ oder „Under The Bridge“, zu wenig ist genauso zwingend. Natürlich wissen die Chili Peppers, wie man seine Hörer immer wieder kriegt: Schmeicheln, Pieksen, Gasgeben, Anhalten, Fließen, Stocken, Weiterklotzen darin sind sie stark. Vielleicht sind es die albernen Texte, die einen schnell anöden. Kiedis, noch nie ein Philosoph, übertrifft sich selbst mit stupenden Beobachtungen wie „The more I see the less I know/ The more I like to let it go… hey oh.“ (in „Snow (Hey Oh)“) oder blankem Nonsens („Hump de bumpdoop badu/ Hump de bump doop bop“). Laut mitsingen mag man da nicht – freilich auch, weil keiner solchen Schmarrn so cool rausspucken kann wie Kiedis.

In „We Believe“ fragt er am Ende verzerrt: „The risk is/ It worth it/The disc is/ It perfect?“ Nicht ganz, aber vor allem: welches Risiko? Irgendwann, nach einer Stunde spätestens, beschleicht einen das Gefühl, dass John Frusciante sich hier manchmal langweilen muss. Diesen – für andere sicherlich anspruchsvollen – Funkrock kann er doch zwischen M ittagspause und Kaffee runterspiclen, ohne schlaflose Nächte. Wie inspiriert, verwegen, auch irrwitzig klangen dagegen manche seiner Soloalben. Bestimmt ist es nett, dass sich im Studio jetzt alle so lieb haben und keiner mehr aussteigen will und all das, aber aufregend ist es nicht.

Manchmal schafft die neue Innigkeit allerdings auch berückende Momente. „Hard To Concentrate“ ist ein verhaltener, liebeskranker Tränenzieher mit überraschend ansteckendem Beat, die zärtliche Ballade „If“ zum Seufzen. Das Gewöhnliche dazwischen kann man als „back to the roots“ rechtfertigen – aber warum zu den Anfängen zurückkehren, wenn das Ende noch lange nicht erreicht ist?