Replays1 von Franz Schöler

Vielleicht passiert demnächst noch ein Wunder und die ehemaligen SMALL FACES sehen, wie Steve Marriotts Witwe auch, mehr als ein Vierteljahrhundert nach Auflösung der Gruppe zum erstenmal überhaupt Tantiemen für ihre Aufnahmen der „Immediate“-Jahre. Laut „Music Week“ wollen sich Sony Music, Castle und Charly Records darüber verständigen, wie man den Zustand jahrzehntelanger Ausbeuterei beenden und die Copyrights des Quartetts honorieren könnte. Zeichen und Wunder! Nach dem 4er-Set „The Immediate Years“ gibt es jetzt die Decca-Anfänge der Mod-Rocker komplett gleich zweifach: auf den Japan-Importen „Small Faces“ (Deram POCD-1908) und „Front The Beginning“ (Deram POCD 1909/beide über IMS) sowie ab Set „The Decca Anthology“ (Decca 844 583-2). Woran man mal wieder sieht, was erfolgreiche Cover-Versionen wie die von M-People bewirken können. 3,5

Lang her sind die Zeiten, in denen RONNIE LANE die Immediate-Pleite stoisch achselzuckend mit der Bemerkung kommentierte: „Wenigstens mußten wir in all den Jahren nicht in die Fabrik malochen gehen…“ Von dem ziemlich ärmlich lebenden und an multipler Sklerose leidenden Ex-(Small)-Face hat Oldies-Spezialist Edsel jetzt „Ronnie Lane’s Slitn Chance“ (EDCD 463) und „One For The Road“(EDCD 464/beide TIS) neu als CD aufgelegt. Mit diesem so eigenwilligen wie sympathischen Folk-Rock-Mix konnte Lane nicht mehr an die Hit-Erfolge seiner ersten anderthalb Solojahre anschließen. Vielleicht hat er deswegen seine Band prophetisch Slim Chance genannt? 3,0

Der Kollege CAT STEVENS dagegen war, als er zwischen 1975 und 1978 seine letzten drei LPs aufnahm, längst so steinreich, daß er allen Ernstes Songs wie „I Never Wanted To Be A Star“ schreiben konnte und ansonsten – von allen guten Folk-Geistern verlassen – sich nicht mehr viel einfallen lassen mußte. Wieso das gesammelte Spätwerk der LPs „Numbers“, „Izitso“ und „Back To Earth“ auf goldbedampften CDs in dem Set „Cat Stevens Three“ (MFSL 3-661/in-akustik) verewigt werden mußte, ist rätselhaft. Oder eine Geste der Dankbarkeit: MFSL-Boß Herb Belkin hat an den Remaster-Editionen von „Tea For The Tillerman“ und „Teaser And The Firecat“ lange Jahre sehr viel Geld verdient. 1,5

Rätselhaft ist und bleibt, wieso „Workshop Of The Telescopes“ (Columbia Legacy 489 949 2) als Greatest-Hits-Rückblick der S/M-Schwermetallrocker BLUE ÖYSTER CULT verkauft wird. Die Band hatte bekanntlich einen einzigen Hit (Nr. 12 in „Billboard“) mit „Don’t Fear The Reaper“. Vom Debüt findet man auf diesem Doppel-Set ganze, vier, vom BÖC-Meisterstück „Tyranny And Mutation“ gar nur einen einzigen Song, dafür ansonsten mengenweise unveröffentlichtes Material für Sammler wie den Titelsong. Der klangliche Mehrwert tendiert hier gegen Null. Ganz anders bei den besagten beiden Ronnie-Lane-CDs. Im Vergleich zu denen klingen die Ariola-Pressungen von 1974/75 geradezu grauenerregend schlecht!

Sub-Bootleg-Standard bot seinerzeit auch die Vinyl-Ausgabe von ERIC CLAPTONs „E.C. Was Here“, was die Klangtechnik anbetraf. Weshalb Polygram-Manager Bill Levenson anordnete, für die Retrospektive „Crossroads 2 (Live In The Seventies)“ (Polydor 529 305-2) Remixes von den Multitrack-Originalen zu produzieren. Daß in der Kürze die Würze liegen könnte, beherzigte Claptons damals – anders als später beim MTV-Auftritt oder letzthin bei „Front The Cradle“ – eher selten. Die Auswahl aus Kilometern von Bandmaterial der Jahre 74, ’75 und ’78 leidet ein wenig unter der Tatsache, daß der Meister den Blues oft abgeklärt und feierlich in epischer Länge zelebrierte, ohne daß ihm immer eine so ausnahmend famose Band wie 1979 beim japanischen Just One Night“-Auhntt beigestanden hätte. „Too much of a good thing“ pflegt der Engländer gelegentlich vornehm ehrgeizige Projekte wie diese 4-CD-Box zu kommentieren. Verblüffend gelungen sind dagegen ein 25minütiger Live-Marathon mit Carlos Santana und die vier hier erstmals veröffentlichten Studio-Outtakes, mit denen das Set beginnt und endet. Knapp 4,0

Wider aller Erwartungen verblüffend gut ist unterm Strich auch die künstlerische Bilanz von CARLY SIMONS 3-CD-Box-Set „Clouds In My Coffee“ 1965 -1995″ (Arista 07822-18798-2/ARIS). Weil hier nämlich der gleiche Trick funktioniert wie bei den „Essential 70’s Masters“ von Elvis Presley! Eine strenge Best-of-Auslese aus den vielen Solo-Platten und Film-Auftragsarbeiten macht ob der treffsicheren Auswahl vergessen, wie viele beiläufige und belanglose Aufnahmen die Sängerin im dokumentierten Zeitraum auch gemacht hatte. In diesem clevererweise nicht chronologisch, sondern thematisch gegliederten Material kann man nachträglich sogar überraschende Entdeckungen machen. Daß diese Neuüberspielungen auch im Fall der lizenzierten Elektra-Aufnahmen locker um Klassen besser klingen als zuvor, dürfte niemanden stören. 3,5

Zum 75. Geburtstag seines Idols RAVI SHANKAR ließ sich George Harrison nicht lumpen: Er (co)produzierte die wunderschön aufgemachte 4-CD-Box „In Celebration“ (Angel/EMI 555 557 2), gliederte die gut viereinhalb Stunden Aufnahmen für jede CD inhaltlich (klassische Sitar, Orchester und Ensembles usw.) anders und legte mit der hier getroffenen Auswahl das wohl definitive „Einsteiger“-Set vor, in dem alle Facetten der künstlerisch vielseitigen Arbeit des Maestro beleuchtet werden. Liner Notes von Timothy White und erstklassige Überspielungen. 4,5

Das Album „Odetta Sings Ballads And Blues“ der legendären ODETTA aus dem Jahre 1956 (Tradition TCD 1004/Rough Trade Import) gibt es jetzt erstmals als CD: original mono, aber auch dezent „entrauscht“. Für Folk-Puristen natürlich ohne Zweifel die Wertung 4,5

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