Robert Forster – Warm Nights

Robert Forster mag geahnt haben, daß ihn einige schon fast im Vorruhestand wähnten, nachdem zuletzt nur eine doch etwas müde Cover-Sammlung („I Had A New York Girlfriend“) zu den Akten genommen werden mußte. Das roch nach Selbstzufriedenheit, nach Verlegenheitslösung, nach bequemem Reinemachen. Jetzt singt Forster zum Auftakt von „Warm Nights“ die Zeile „This is something I can do…“. Und läßt dies eher trotzig als ironisch klingen, fast wie in einem kleinen Akt der Selbsthypnose. Das Schöne aber ist: Er bleibt auch den Beweis dafür nicht schuldig.

(Semi-)akustische Lässigkeit regiert auf diesem Album – Lässigkeit, die nicht mit Lahmarschigkeit und Beliebigkeit gleichzusetzen ist. Eher assoziiert man eine gut sortierte, aber nicht übermäßig bestückte Spielwiese, aus der die Spitzen wie Pfeile nach oben schießen können. Und diese Pfeile sind in bewährter Forster-Tradition ausgesuchte Petitessen der Erinnerung. Die wehmütige Kindheitsverklärung („Jug Of Wine“) fehlt ebensowenig wie die Reminiszenz an diese bekiffte „Snake Skin Lady“, die immer die early shon-s besucht hatte und sich eine Fremde unter Freunden – allein im Ausdruckstanz übte. Und in der bayerischen Polka-„Fortress“ wacht der Code trauriger Augen über die Liebelei als Zirkus in drei Akten.

Doch sind es zwei Songs, die nicht zufällig im Zentrum der ersten und zweiten Hälfte stehen und „Warm Nights“ Halt, Form und Farbe geben. Da ist einmal die Single „Cryin‘ Love“, ein rasend-reißendes Eifersuchts-Drama, befeuert durch Forster-Supporter Edwyn Collins, der seine „Girl Like You“-Gitarre kreischen läßt, vollendet vom Meister selbst, der die „tears to enjoy“ verspüren muß. Und darüber wieder zum kleinen Jungen wird, schamerfüllt. Da ist zum anderen eine Variation bzw. Fortschreibung von Dylans „Like A Rolling Stone“, inklusive Al-Kooper-Gedächtnisorgellinie. Konnte das Original noch von Aufbruch handeln, von befreiender Anonymität, so singt Forster jetzt vom Verlust der Jugend und fleht: „Do something about me.“ Und dann, fast Bowie-esk circa 1973, der Ausruf nach dem verlorenen „Rock ’n‘ Roll Friend“. Früher ließ sich Identität durch Abstand gewinnen, heute fahndet man – vergeblich? nach Nähe.

Gleich darauf folgt mit „On A Street Corner“ ein Song, der sich erst allmählich ins emotionale Zentrum des Albums schleicht. Forster beschwört die Straßen der alten Heimatstadt, den Augenblick, da sich ihre Blicke zum ersten Mal trafen. Und dann letztendlich gar nicht mehr. Bitter, bedauernd, auch verzweifelnd, daß Unergründbares auch durch noch eine Frage nicht erklärbarer wird. Selbst einem Mann in den besten Jahren bleiben letzte Geheimnisse nicht erspart. Wann hat eigentlich Leonard Cohen sein letztes gutes Album gemacht?

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