Rockpile :: Live In Montreux 1980

Konzert-Dokument der Band um Nick Lowe und Dave Edmunds

„Thank you Keith – great!“ verabschiedete Dave Edmunds den Gast nach den viereinhalb Minuten „Let It Rock“, in denen Rockpile den Chuck-Berry-Evergreen so furios musiziert hatten, dass das Publikum im Bottom Line in New York frenetisch applaudierte. Keith Richards‚ 1978 notorische Probleme mit diversen chemischen Substanzen hinderten ihn nicht, sich mit den Kollegen Edmunds und Bremner bei der Gelegenheit einige hübsche Gitarrenduelle zu liefern. Mehr noch als der BBC-Mitschnitt vom Juli 1977 dokumentieren diese Aufnahmen vom Oktober 1978 in New York, zu welcher Form Rockpile bei Auftritten mittlerweile gefunden hatten. Gemeinsam nahmen sie im Studio längst Platten auf, Nick Lowes „Labour Of Lust“ genauso wie drei LPs von Dave Edmunds. Nur unter dem Band-Namen Rockpile durften sie kein Album aufnehmen, solange Lowes Management dagegen Veto einlegte und Edmunds bei Swan Song unter Vertrag war.

Als im Oktober 1980 schließlich doch noch die Rockpile-LP mit dem Titel „Seconds Of Pleasure“ erschien, kriselte es schon ein wenig in der Band. Gründe dafür lieferte die BBC-Dokumentation „Born Fighters“ 1979 eher andeutungsweise. Während der parallel laufenden Sessions zu den aktuellen „Solo“-Projekten erlebte man einen Nick Lowe, der sich von dem notorischen Perfektionisten Dave Edmunds behindert und bevormundet fühlte, was seine Vorliebe für spontanes Musizieren auch im Studio anging. Von ziemlich virtuoser Spieltechnik, zu der es der bekennende Albert-Lee-Fan Edmunds mit der Zeit auch gebracht hatte, ließ sich Lowe nach eigenem Eingeständnis nicht annähernd in demselben Maße beeindrucken. Gerade neu geschriebene Songs wollte er so rasch wie immer möglich auch zusammen eingespielt wissen, während Sound-Tüftler Edmunds auf exzellente Aufnahmequalität größten Wert legte.

Von der zunehmend in die Brüche gehenden Freundschaft bemerkte man bei den Konzerten nichts, im Gegenteil: Auch bei dem Auftritt im Rahmen des Montreux-Festivals, zu dem Claude Knobs das nicht für Jazz-Ambitionen bekannte Quartett eingeladen hatte, demonstrierte die Band Harmonie. In das Set hatte sich keinerlei Routine eingeschlichen, und als Preview für das anstehende Album nutzten sie das Konzert auch nicht. Ganze zwei der 16 Songs tauchten drei Monate später auf „Seconds Of Pleasure“ auf.

Die übrigen waren so etwas wie eine kleine konzertante Very-Best Of-Bilanz, angefangen von „I Hear You Knocking“ und dem obligatorischen „Let It Rock“ bis zur freundlichen Hommage zwischendurch an die Kollegen Mickey Jupp (mit „Switchboard Susan“), Albert Lee („Sweet Little Lisa“) und Graham Parker („Crawling From The Wreckage“). Pflicht war offenbar auch Elvis Costellos „Girls Talk“, das im Übrigen – da hat der Autor der Liner Notes zweifellos recht – wie „Teacher Teacher“ oder Hank DeVitos „Queen Of Hearts“ und „I Knew The Bride“ unverkennbar so klingt, als wären das allesamt Rockpile-Originale.

Dass ausgerechnet dieser Montreux-Auftritt allen Postproduktions-Bemühungen zum Trotz kaum mehr als gehobene Bootleg-Qualität bietet (die beiden BBC-Mitschnitte auf der Remaster-Edition von „Seconds Of Pleasure“ klingen ungleich besser), sollte niemanden abschrecken. Das dürfte nämlich das einzige offizielle Live-Dokument der Band bleiben. (Eagle)

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