Rod Stewart :: The Rod Stewart Sessions 1971-1998

Outtakes und Alternativ-Versionen von recht gemischter Güte

Irgendwer hätte das Piano vor der Aufnahme von „In My Life“ vielleicht doch mal richtig stimmen können. An der völlig verschnulzenden Interpretation von Lennons Liebeserklärung hätte das nichts geändert. Aber der Mann am Klavier hätte womöglich etwas gefühlvoller begleitet. Bei der sogenannten „Piano Version“ von „Forever Young“ (nicht der Dylan-Song, sondern Stewarts eigener in einer Alternativ-Fassung zu dem auf „Out Of Order“) ist das Instrument noch mehr verstimmt. Wer immer da die Mikros aufstellte, hat den Job verfehlt. Die beiden für Auswahl und Liner Notes verantwortlichen Fans des Sängers waren wohl der Ansicht, dass gerade darin der spezielle Charme dieser Retrospektive liegt: Man lauscht dem Star bei der Arbeit im Studio, vieles buchstäblich noch ein work in progress. Nur hält sich der Spaß, den die Profis im Studio etwa bei „Thunderbird“ hatten, beim Zuhörer dann doch sehr in Grenzen. Diese sieben Minuten „Can I Get A Witness“-Paraphrase klingen halt so, als würde sich jemand vor einem Konzertauftritt einsingen und einstimmen.

Wie man bass erstaunt in den Liner Notes lesen kann, sind die originalen Multitrack-Bänder besagter Sessions nirgendwo mehr aufzufinden. Die Ode an das Auto fand man zufällig bei den Vorbereitungen zu diesem Projekt auf einem Stereo-Master. Soviel unprofessionelle Schlamperei ist schon sehr ungewöhnlich. Die Geschichte von „Maggie May“ erzählt er hier noch ganz anders, „Seems Like A Long Time“ und „You Wear It Well“ sind Probeläufe. Aber „Lost Paraguayos“ kommt dem Final Master schon näher, und bei „I’d Rather Go Blind“ war er richtig gut in Form. Noch einmal wird klar, wie wichtig damals Martin Quittenton für ihn war und wie wunderbar er auch bei dem hier erstmals auftauchenden „Think I’ll Pack My Bags“, später besser als „Mystifies Me“ bekannt – mit Ron Wood harmonierte. Bewundern darf man bei „Girl From The North Country“ noch einmal den damals einfühlsamen Dylan-Interpreten. Da bedauert man noch mehr, dass von den Sessions zu den ersten drei Solo-LPs nicht mehr Outtakes erhalten zu sein scheinen. Auf Dylan-Vorlagen kam er auch später noch mal zurück. Aus „The Groom’s Still Waiting At The Altar“ machte er kein so übles Stück Chicago- bzw. Chess-Blues, während das missratene „This Wheel’s On Fire“ niemand braucht.

Stimmlich war er bei den Aufnahmen der 90er Jahre in hörbar so unterschiedlicher Verfassung, dass es seine wie Kastraten-Blues klingende Aufnahme von Slim Harpos „Im A King Bee“ aus naheliegenden Gründen nie auf ein Album schaffte. Alles andere als denkwürdig war auch die Interpretation von John Martyns „May You Never“. Aber bei den Aufnahmen von Elvis Costellos/Paddy Moloneys „The Long Journey Home“ meinte es irgendein Tonmeister sehr gut mit ihm und dosierte Hall so perfekt, dass er dieses Lied mal nicht krähte. Auch das hier erstmals veröffentlichte Remake von „In A Broken Dream“ (1992 mit David Gilmour an der Gitarre und John Paul Jones an der Orgel, Nick Löwe am Bass und Pete Thomas am Schlagzeug) ist wirklich prächtig produziert! Wieso er die 1979 von ihm selbst produzierte Cover-Version von Frankie Millers „When Im Away From You“ immer unter Verschluss hielt, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar.

Der Mann war ja mal echt gut. Als er noch die richtigen Songs hatte und auswählte…

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