Rollins Band – Nice

Nett ist nun wirklich das Wort, das einem im Zusammenhang mit Henry Rollins als letztes einfällt. Intensiv, beeindruckend, stiernackig – ja. Nett – nein. Und keine Sorge, auch an der Rollins Band ist weiterhin nichts nett. Es wird immer noch auf alles eingeprügelt, was im Weg steht und wie ein Instrument aussieht, auf höchstem musikalischen Niveau freilich und mit extrem viel Groove. Man ist stolz darauf, nur einfachste Aufhahmetechniken zu benutzen – analog, ohne Drumcomputer, mit wenigen Overdubs. Man kann halt spielen und braucht keinen Schnickschnack.

Leider gönnt man sich neuerdings Background-Sängerinnen, die „Up For It“ durch ihre albernen Einschübe verderben und beim schon reichlich skurrilen „I Want So Much More“ auch eher stören. „Zumindest singt jetzt irgendwer auf dem Album in der richtigen Tonlage“, scherzt Rollins. Als hätte man von ihm jemals Gesang erwarten. Von diesem ulkigen Versuch, etwas Ungewöhnliches zu integrieren, abgesehen, bleibt Rollins‘ Musik so wie er selbst: gradlinig, selbstgerecht, kraftmeiernd. Ein Mann, der Stühle für ein unnötiges Wohnutensil hält und Gästen lieber seinen Futon zum Sitzen anbietet, hat eben auch keinen

Sinn für feine Melodien. Er transportiert mit den kargen Stücken seine Weisheiten, mehr nicht. Die Botschaft ist das Ziel.

Aber was will uns Rollins eigentlich noch sagen? Seit Jahren plädiert er für Genügsamkeit, pocht auf die Macht des Geistes und trainiert trotzdem stundenlang im Fitness-Studio. Längst sind seine Spoken-Word-Auftritte nicht nur lustiger als die mit Band, sondern auch viel interessanter, weil sein Wortwitz und Sarkasmus dort mehr Platz hat. Statt plumper Gesellschaftskritik liefert er dann dermaßen treffende Beobachtungen, dass man vom Sofa fallt vor Lachen, wenn man nicht gerade heulen möchte. Ins enge Vier-Minuten-Korsett gepresst fallt es Rollins anscheinend zunehmend schwerer, seine Ideen unterzubringen. Was kann jetzt noch kommen? Ein Jazz-Album? Ein Metal-Musical? Vertonte Tattoos vielleicht, das wäre mal was.

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