Saint Etienne :: Words And Music By

Perfekte Popsongs als Liebhaber-Projekte zwischen Club und Pub

Generationen von Touristen haben sich mit den Karten des Verlages „A to Z“ durch London gekämpft. Auch örtliche Taxifahrer mussten in der Prä-Navi-Ära immer mal wieder auf den gleichnamigen Straßenatlas zurückgreifen. Ein Stück britische Designgeschichte, das auf dem Albumcover von „Words And Music“ mittels einer fiktiven City zitiert wird, die aus Musikverweisen besteht: Von der Penny Lane geht es über den Devil Gate Drive in die Yellow Brick Road. Der städtische Teich heißt Troubled Water, der Bahnhof Clarksville. Pop ist eine Metropole, in der sich Saint Etienne bestens auskennen.

Spätestens seit die Bandgründer Pete Wiggs und Bob Stanley im Sommer 1990 Neil Youngs „Only Love Can Break Your Heart“ in eine wunderschöne Elektro-Ballade verwandelten, steuerten sie immer wieder neue Stationen an. Eleganz und Bodenständigkeit trafen sich zum Drink im Club. Waren Saint Etienne anfangs schwebenden House-Tracks verpflichtet, schufen sie später mit Sängerin Sarah Cracknell einen eigenwilligen Katalog von melancholischen bis upliftenden Songs. Für einen weltweiten Mainstream-Erfolg war das Ganze stets zu kunstvoll und britisch verspielt.

Und so pflegen sie ihre Pop-Entwürfe auf dem achten Album wie entspannte Stadtgärtner. Ohne Erfolgsdruck und Hipness-Terror. In „Over The Border“ wirft Sarah Cracknell einen Blick zurück auf eine Jugend zwischen Dexys und dem Postcard-Label. Ihr Gesang und die gesprochenen Worte, die milden Gitarren und Synthieflächen überlagern sich zu einem transparenten, fließenden Gewebe.

Als Kontrapunkt wirkt das Instrumental-Stück „Answer Song“, das auch als Filmmusik oder feierliche Eröffnung einer Downbeat-Revue funktionieren könnte. Dazwischen liegen versöhnliche Indie-Chansons, wehmütig bumpernde Erinnerungen an große Momente auf dem Dancefloor („Last Days Of Disco“) oder auch der sphärische Dream-Pop-Ausflug „Haunted Jukebox“. Kleine, feine Hits aus einer besseren Welt. (Heavenly/Universal) Ralf Niemczyk

Beste Songs: „Over The Boarder“, „Haunted Jukebox“

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