Scott Weiland

„Happy In Galoshes“

Unnütz scheinen all die Besuche in Entziehungskliniken, all die Therapiesitzungen doch nicht gewesen zu sein. Wenn sie Scott Weiland schon nicht von seinem Drogenproblem kurieren konnten, so haben sie ihn wenigstens zu einem ambitionierten Traumdeuter gemacht „Your car passed my street today/ But no one was driving/ It must be a metaphor/ For losing my head“, erkennt er im somnabulen „Crash“.

Er verrät, dass er sich festklammern möchte an etwas, das Bestand hat, und dass einer, der in Lichtgeschwindigkeit durch die Welt reist, schon mal einen Unfall baut, um dem unbewussten Wunsch nach Stillstand drastisch Ausdruck zu verleihen. Allerdings nur, um sich im „Hyper-Fuzz-Funny-Car“ gleich wieder ins Crossover-Getümmel zu stützen.

Von sich, seinem Vater, seinem Bruder, vom Ende seiner Ehe erzählt der inzwischen 41-Jährige auf seinem zweiten Solowerk „Happy In Galoshes“ ausgiebig, seine musikalische Vorgeschichte verschweigt er dagegen weitgehend. Das Doppelalbum hat weder mit den Stone Temple Pilots noch mit Velvet Revolver viel gemein. So poppig, so melodieselig, so sanftmütig, so eklektisch kannte man Weiland bisher nicht.

Kaum etwas, das er- mal von Steve Albini, mal von Doug Grean, mal von Paul Oakenfold aufgenommen- hier nicht ausprobiert: Rockhymnen („Missing Cleveland“, „Blind Confusion“), Synthiepop („She Sold Her System“), R&B („Big Black Monster“), Kammerpop („Beautiful Day“, „Sometimes Chicken Soup“), Country („The Man I Didn’t Know“), Bossa Nova („Some Things Must Go This Way“). Und therapieerprobt wie er ist, hat er weder Angst vor Banjos noch vor Dixieland-Blaskapellen.

Natürlich gelingt nicht alles: Auf das Cover von Bowies „Fame“ hätte man ebenso verzichten können wie auf die arg harmlosen Balladen „Killing Me Sweetly“ und „Sentimental Halos“. (New West/Blue Rose)

Gunther Reinhardt