Sebadoh

Sebadoh III

Das - genau - dritte Album der Band um Lou Barlow

Jetzt ist es also soweit. Die 9oer-Jahre-Indie-Jugendmwird neu aufbereitet, mit Liner Notes und Bonus-Disc. Damit ist man endgültig ein alter Sack. Es war damals sicher nicht Lou Barlows Bestreben, ein audiophiles Meisterwerk aufzunehmen, einen Meilenstein des Indie-Rock und Soundtrack für nostalgische Erinnerungstrips. Im Gegenteil.

Dinosaur Jr und Band-Diktator Jay Mascis entkommen (bzw. hinterlistig aus der Band geworfen), genoss Barlow die totale Demokratie seines Homerecording-Projektes mit Eric Gaffney. Zwei gemeinsame LoFi-Kassettenalben, die sie anfangs bei Konzerten verkauften, hatten die beiden unter dem Namen Sebadoh schon aufgenommen, als sie dann für ihr drittes Werk einen etwas größeren Ansatz wählten und für die Aufnahmen einiger Stücke mit Lemonheads-Produzent Sean Slade ins Studio gingen. Außerdem erweiterten sie mit Schlagzeuger Jason Loewenstein ihr Underachiever-Projekt zu einer richtigen Band mit drei Songwritern.

„Sebadoh 111“ erschien im gleichen Monat wie „Nevermind“. Im Gegensatz zu Nirvanas auf Linie produzierten Corporate-Grunge-Entwurf wirkt es allerdings wie der reinste Wildwuchs. Eingeleitet von Barlows Unabhängigkeitserklärung „The Freed Pig“, das noch als eingängiger Indie-Hit durchgeht, folgen das schnelle Minutemen-Cover „Sickles And Hammers“, Gaffneys krude Noise-Entladungen, typisch Barlowsche Slackerballaden, LoFi-Folkminiaturen mit Kinks-Anleihen, sehnsuchtsvolle Liebeslieder für seine spätere Frau Kathleen und natürlich „Spoiled“, das später im Soundtrack von Larry Clarks schockierendem „Kids“ einen bleibenden Eindruck hinterließ. „When all our toys are burning/All these empty urges must be satisfied.“

„Sebadoh III“versprüht nicht die Aura eines Meisterwerks und gerade deshalb ist es so gut.

Es liegt nahe, das Album in alter Indie-Manier als unambitiöses, unverfälschtes Anti“Nevermind“ zu feiern und sich selbst zurecht zubiegen, man habe schon damals den depressiven Muffelkopp Barlow viel lieber gehabt als den Karrieristen Cobain, dessen Abbild man wenig später im Postershop bei „Karstadt“ kaufen konnte. Und tatsächlich muss „Sebadoh III“ häufig herhalten, wenn popmusikalische Lebensläufe auf Kredibiliät und einwandfreie Haltung frisiert werden sollen.

Nicht nur für solche Distinktionsgewinnler ist die reichhaltige Bonus-CD des Reissues, die mit dem wundervoll selbstironischen Titeltrack der „Gimme Indie Rock“-EP beginnt, nun ein Geschenk des Himmels. „Started seeing things differently/ And hardeore wasn’t doin‘ it for me no more/ Started smoking pot/ Thought things sounded better slow.“ Natürlich kriegt Jay Mascis, der kurz nach Barlows Rausschmiss zum Kritikerliebling avancierte, auch hier noch einmal sein Fett weg: „Cracking jokes like aThurston Moore/ Pedal hopping like a Dinosaur J…/ Rock and Roll genius, ride the middle of the road/ Milk that sound. blow your load/ Shoot it further than you ever said it go/ Four stars in the Rolling Stone.“ Die ist „Sebadoh III“ allemal auch locker wert. (DOMINO)