Servus, Baby Blue

Beinahe wäre er nicht gekommen. Falco ließ sich von seinem Chauffeur durch die Gegend kutschieren, hatte Bammel vor den Zehntausenden beim Donauinsel-Fest, vor dem Heimspiel, den Wienern, dem schwierigen Publikum. Eine Stunde und einen Blitzschlag später stolzierte der Künstler noch einmal ans Mikrofon, „Es ist und bleibt mein Wien!“ Angeblich konnte nicht weitergespielt werden, weil „das Wasser in die Instrumente gelaufen ist“ – aber der Wolkenbruch wirkte wie von Falco bestellt, der nach einer Unterbrechung heroisch noch „Helden von heute“ singen konnte und vor allem seine wienerische Version von „It’s All Over Now, Baby Blue“: „Woas voabei is, is voabei.“ Die Trompete blies das letzte Geleit, Falco bedankte sich für das wackere Ausharren im Regen, und keiner wollte heimgehen. Johann Hölzel, der vor Angst schwänzen wollte, feierte im Sommer 1994 seinen größten Triumph.

In der Dokumentation jener Tournee, die 1993 begonnen hatte und die Falcos letzte war, erinnern sich die Rabitsch-Brüder und die anderen Musiker rührend an die bescheidenen Verhältnisse, an die der Star von 1985 sich hatte gewöhnen müssen. In einer Münchner Diskothek erschienen bloß noch zwei Dutzend Zuhörer, man feierte dann eine Party. In einer Stadt im Osten von Deutschland waren Skinheads als Ordner engagiert worden, die Falco von der Bühne aus provozierte, um schließlich das Publikum aufs Podium zu rufen und bald durch den Hinterausgang zu verschwinden, nachdem die Gage ausbezahlt worden war. Auch die Platte „Nachtflug“ war kein Erfolg, doch die Band spielte besser denn je. was von dem Donauinsel-Konzert belegt wird. Wie stets reiste Falco mit Fahrer, dem „Giovanni“, grüßte „Ciao!“ und „Mille grazie!“, als wäre er irrtümlich zu weit im Norden geboren worden. Auf der Bühne gab er mit hoch gegürteter Hose den charmierenden, geschmeidigen Zeremonienmeister zwischen Helmut Berger und Thomas Bernhard, nur das Tüchlein fehlte.

Was vorbei ist, ist vorbei. Seinem Gitarristen entfährt es unvermittelt, als wäre es ihm auf Deutsch peinlich: „I miss him.“ A weng vermissen wir ihn alle, den herrlichen Hallodri. (SonyBMG)

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