Shelby Lynne – Just A Little Lovin :: Mit reduziertem Ansatz covert Lynne ausgerechnet Dusty Springfield

Es klingt wie ein schlechter Witz. Oder wie ein besonders guter? Ausgerechnet Barry Manilow riet Shelby Lynne, sie solle es doch mal mit Dusty-Springfield-Songs versuchen. Lynne erzählte den Witz später einem schnell begeisterten Manager der Plattenfirma, die ihr aktuelles Album mal wieder vergeblich zu verkaufen versuchte. Jetzt gibt’s Capitol zwar nicht mehr, aber „Just A Little Lovin“ dann doch noch, nachdem mit Lost Highway ausgerechnet eine klassische Americana-Adresse im von Lynne wenig geschätzten Nashville in die Bresche sprang.

Es ist kein kleines Kunststück, diese Songs von der Aura ihrer bekanntesten Interpretin zu lösen. Shelby Lynne gelingt dies nicht immer, aber doch erstaunlich oft. Das beste Beispiel für ihre Herangehensweise mit Produzent Phil Ramone, der ja noch selbst als Techniker mit Springfield im Studio stand, ist gleich das erste Stück. Es ist der Titelsong, der vor 40 Jahren ja auch schon das Meisterstück „Dusty In Memphis“ eröffnete (von dem dann aber nur noch zwei weitere Songs auch hier vertreten sind). Shelby Lynne versucht sich gar nicht erst an Springneids dramatisch verdichteter Grandezza. Vielmehr streckt sie das gut zwei Minuten lange Original in entschlackter Slow-Motion, mit Mut zur Pause und nicht überbetont lasziv, aber schon ziemlich sexy auf gute fünf Minuten.

Dieser reduzierte Ansatz und Lynnes schaumgebremster Moll-Vortrag erlauben auch anderen Vorlagen, wieder ein gutes Stück frei zu atmen. „Anyone Who Had A Heart“ etwa, „The Look Of Love“, sogar „Breakfast In Bed“ und nicht zuletzt „I Don’t Want To Hear It Anymore“, Randy Newmans Prachtstück über diese unglückliche Frau, die alles mit anhören muss, was sie nicht wirklich hören will, weil die Wände in ihrer bescheidenen Herberge einfach so verdammt dünn sind. Das down-home feeling von „Willie And Laura Mae Jones“ (der Tony Joe White-Klassiker) hingegen-für sich genommen natürlich eine schöne Sache – will hier in diesem Reigen nicht wirklich heimisch werden.

Was sich von der eher bitteren als süßen Akustik-Nummer“Pretend“ nicht sagen lässt. Und das ist wohl schon das größte Kompliment, das man dem einzigen Song machen kann, den Shelby Lynne selbst beigesteuert hat. „Abuse me one more night and pretend you love me…“ Ob Dusty das auch gesungen hätte?

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