Splinter (Songs From A Broken Mind) :: Der Elektro-Pop-Pionier kehrt mit einem Klanggewitter zurück

Tauchen Musiker aus den 80er-Jahren nach einer intensiven Auszeit wieder auf, setzt man selten zum Begeisterungs-Flickflack an. Schlimm, wie sich beispielsweise Spandau Ballet vor vier Jahren selbst verhunzten, indem sie ihre Hits in neuen Arrangements aufnahmen. Selbst die eigentlich unantastbaren Soft Cell taten sich nicht den allergrößten Gefallen, als sie sich 2002 für „Cruelty Without Beauty“ noch einmal zusammenfanden. Auch ein Gary Numan kämpfte nicht nur jahre-, sondern jahrzehntelang gegen seine eigene Geschichte, hechelte dem Erfolg von „Cars“ und „Are Friends Electric?“ hinterher – und als ehemaliger Futurist der Zeit.

Nach Midlife-Crisis und Umzug von Sussex nach L. A. jedoch zeigt sich der Elektro-Pop-Pionier mit seinem mittlerweile 20. Album, dem ersten seit sieben Jahren (das Fanbase-Produkt „Dead Son Rising“ außen vor gelassen), im Hier und Jetzt angekommen. Auferstanden aus einem Industrial-Stahlbad, begrüßt uns der 55-Jährige, den inzwischen Lady Gaga und Queens Of The Stone Age als Einfluss zitieren, mit einem Klanggewitter, als hätte er diesen düsteren Bleiwesten-Sound gerade erst erfunden. Was aber unter dem Verdacht der Anbiederung an Kollegen wie Nine Inch Nails, Marilyn Manson oder The Prodigy stehen könnte, fügt sich absolut organisch zusammen. Vielfältiger als heute gab sich der Engländer nie -hinter dunklen Grooves lauern gescheite Melodien, nach jedem Orkan tauchen an einen Hans-Zimmer-Score erinnernde Streicher auf, „Love Hurt Bleed“ erweist sich als absolute Tanzflächenverpflichtung. Und im Titeltrack verbrüdert sich Numan musikalisch mit der arabischen Welt.

Ganz besonders aber beim Gesang linkt uns der Mann mit der eigentlich monoton näselnden Kühlhaus-Stimme: Mal flüstert er, verwandelt sich dann in den Kollegen David Sylvian (Ex-Japan) und intoniert schließlich die Ballade „Lost“ so gelöst und bodenständig, als wäre er der nette Jungbarde von nebenan. Der Mensch Gary Numan hat die Maschine Gary Numan abgelöst. Nur Oliver Geissen wird enttäuscht sein. (Cooking Vinyl/ Indigo) FRANK LÄHNEMANN

The Sadies

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates