Stephanie Dosen – A Lily For The Spectre

Stephanie Dosen spricht mit Geistern, sagt sie. Oder wisse jedenfalls, wenn welche in der Nähe sind. Man versteht nicht ganz, wie das genau gemeint ist, wenn sie erklärt, sie spiele nicht unbedingt nur für ihr physisches Publikum, doch es ist gut, diesen Umstand zu kennen, wenn man sich mit „A Lily For The Spectre“ auseinandersetzt. Weil diese Lieder etwas Schlafwandlerisches, manchmal fast Körperloses an sich haben und tatsächlich in einem Zwischenraum zwischen Wachen und Schlafen angesiedelt sind. Wie dicht diese Zeitlupen-Emphase kommt, wie tief man diese Lieder einatmen kann, das unterscheidet Dosen von vielen anderen singenden Damen, die wohl auch akustische Gitarren zupfen und sanft dazu singen.

Nein, Stephanie Dosen ist eine besondere Frau in einem übervollen Genre, und ihr zweites Album macht das anvielen Stellen überdeutlich. Bei dem entfernt an Joni Mitchell orientierten „Lakes Of Canada“ beispielsweise, bei dem man gleich mitrudert auf den nächtlichen See und gebannt auf die Wasseroberfläche starrt, immer in der Erwartung, es komme gleich etwas empor. Oder bei dem mit Flüsterstimmen hinterlegten „Vinalhaven Harbor“ – Dosen geht auf dunkle Spielplätze und sucht irgendetwas, das verloren gegangen ist; dann kommen die Geigen von Fiona Brice (Placebo, A Girl Called Eddy, Ed Harcourt), und das Lied driftet endgültig ins Außerweltliche.

Es waren diese Momente, die Simon Raymonde, früher Cocteau Twin und jetzt Chef des famosen Indie-Labels Bella Union, beim MySpace-Surfen aufhorchen und Dosen flugs unter Vertrag nehmen ließen. Jetzt wohnt Dosen in der Nähe von London und spielt viel mit Label-Kollegen wie Midlake und Robert Gomez. Letzterer schrieb Dosen sogar die Akkorde für „Death & The Maiden“, dem man deutlich die Gomez-tyischen Akkord-Kaskaden anhört. Ein Lied über Vampire! Stephanie Dosen singt weich, verhuscht, feenhaft, aber ganz geheuer ist einem diese immense Schönheit nicht immer. Ich ergebe mich, eher deshalb als trotzdem.

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