Stina Nordenstam – People Are Strange :: EASTWEST

All die Songs, die man nicht mehr hören möchte und nicht covern sollte oder kann – hier sind einige wieder vertreten. „Sailing“ von Rod Stewart, „Purple Rain“ von Prince oder Leonard Cohens „Bird On The Wire“ und „I Came So Far For Beauty“. Einen Augenschlag später aber sind sie verschwunden, wie von Geisterhand gelöscht. Übrig bleiben von ihnen allein flüchtige Erinnerungen im ätherischen Gesang von Stina Nordenstam, der Göttin des skandinavischen Chanson. So hieß bereits ihr Debüt folgerichtig „Memories Of Colours“.

„And She Closed Her Eyes“ hieß das zweite Album, auf dem die schüchterne Schwedin zu filigranen Streichern und Trompetentupfern zaghaft durch Jazz-Arrangements wandelte – und dabei doch eine derartige Intensität aufstaute, daß man den Lautstärkenregler bis zum Anschlag aufdrehen wollte. Bei „Dynamite“ ließ sie dann auch die Gitarre krachen und wisperte verstörende murder ballads. Fotos zeigten die Chanteuse damals mit blutunterlaufenen Augen. „People Are Strange“ ist nun ihre befremdlichste Platte, gerade da ein Teil der Songs ja unwiderruflich im Hörgedächtnis der Popkultur archiviert ist, jedoch nicht minder schön in ihrer Entrücktheit und sphärischen Seltsamkeit. In einem Interview erklärte Stina Nordenstam einmal, sie sei sich selbst nicht sicher, ob sie von dieser Welt sei. Heute gibt sie nur noch via Internet Auskunft. Das hat Prinzip und paßt schon fast zu gut wie auch die Nachricht, daß die Elektro-Aliens U.N.K.L.E. das Titelstück remixen werden. Dem Song von den Doors, den Stina Nordenstam bis auf Gitarrengezupfe und einer Violine zu einem schleppenden, surrealen Schemen skelettiert hat. Fade away.

„Sailing“ besteht nur noch aus wenigen harten Anschlägen auf dem Klavier und kurz säuselnden Streichern, und ihre Stimme klingt so dünn und weit her, daß man furchtet, sie könnte gleich verwehen. Ein Kinderlied fast, und doch war der Song nie ergreifendet; „Purple Rain“ ist mit scheppernden, schlurfenden Beats unterlegt und gerade noch am verhuscht intonierten Refrain erkennbar, und selbst da verweigert sie sich der exakten Melodik. Bei „I Dream Of Jeanie“ nach der Ballade von Stephen Foster setzt sie eine verzerrte E-Gitarre, ein Cello und blecherne Drums ein, wie es sonst lediglich Portishead könnten. In der Zartheit dieser Eremitin liegt eine erstaunliche Brutalität, wie sie die Songs zur Stille bringt, in der dann gespenstisch ihre Stimme flackert Man hört schon die Mucker krakeelen, die jene Stücke immer beflissen nach dem Songbook gespielt haben. Und nun sowas!

„People Are Strange“ ist eine Platte für den Winter, wenn die Dunkelheit einsetzt und der Wahnsinn ums Haus schleicht.

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