Stunde der Wahrheit :: Jeanne Moreau, Orson Welles

Regie: Orson Welles

Es gibt viele letzte Filme in der zerrissenen Karriere von Orson Welles. „F wie Fälschung“ war 1974 seine letzte vollendete Produktion. „Im Zeichen des Bösen“ von 1958 blieb seine letzte Regiearbeit für Hollywood, bevor er voller Groll endgültig ins europäische Exil ging. Dort, gedreht vor allem im ehemaligen Pariser Bahnhof Gare d’Orsay, blitzte 1962 mit seiner Interpretation von Franz Kafkas Konvolut „Der Prozess“ dann ein letztes Mal das Genie des alten Meisters auf. Gerade in der visuellen Brillanz, dem gespenstischen, klaustrophobischen Spiel mit Licht und Schatten zeigt sich aber, wie sehr Welles seit „Citizen Kane“ in seinem eigenen Stil gefangen war. Denn während in Frankreich bereits die Nouvelle vague das Kino revolutionierte und in Amerika kurz darauf New Hollywood aufkam, konnte er keine Impulse mehr setzen. So wirkt der Film wie ein Vermächtnis, das letzte Aufbäumen eines Mannes, der sich gehetzt, verleumdet, unverstanden gefühlt haben muss wie die Hauptfigur Joseph K.

Und dies war auch sein letzter Film in Schwarz-Weiß. Obwohl Welles den Farbfilm verachtete, musste er das Zugeständnis machen, damit das französische Fernsehen seine Adaption einer Geschichte von Tania Blixen („Jenseits von Afrika“) finanziert. Er selbst spielt darin einen reichen, einsamen Kaufmann im 19. Jahrhundert, der kurz vor seinem Tod eine Prostituierte und einen Seemann dafür bezahlt, ihm einen Erben zu zeugen. Der nur knapp eine Stunde lange Film sollte Auftakt einer Reihe werden, die dann doch nicht realisiert wurde. Er ist schwül, sinister und etwas zu theatralisch, als erstmals auf DVD veröffentlichte Rarität aber ein unverzichtbares Zeugnis in Welles‘ faszinierendem Schaffen. (Arthaus) OH

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