Sugar :: Copper Blue

Die mittleren Jahre des Mr. Mould: gelungene neue Editionen von Sugar-Alben und Solo-Platten

Auf „Workbook“ (1989) hatte Bob Mould reinen Tisch gemacht: Songs wie „Lonely Afternoon“, „Compositions For The Young And Old“ und „Whichever Way The Wind Blows“ waren die besten seiner Karriere, die forcierte elektrische Gitarre war dem in der Wolle gefärbten Folk auf der akustischen gewichen. Mould saß auf einem Stuhl in einem sonst leeren Raum: Seht, ein Mensch! Aber schon auf „Black Sheets Of Rain“ (1990) spielte ein Trio lärmenden, schweren Rock: Die Depression hatte Mould wieder.

1992 leitet Mould schon ein anderes Trio, Sugar hieß es. Auf „Copper Blue“ verband der Gewaltmelancholiker seine Todesfantasien und Rachegelüste zu hymnischem Pop cum Krach – wie früher also; doch diesmal traf seine schlechte Laune auf Grunge, Typen in Jeans mit beginnender Halbglatze, die auf ihrem Instrument die Hölle entfesseln, waren in Mode. Und Mould berserkerte in „The Act We Act“, „The Slim“ und „Man On The Moon“ wie ein Beelzebub, schwerfällig und dickblütig. „Copper Blue“ gewann den Kritikerpoll des „New Musical Express“: So war die Zeit.

Für die neue Edition kamen die B-Seiten und ein Konzert in Chicago hinzu sowie Fernseh-Auftritte und Interviews auf DVD.

1993 legte Bob Mould „Beaster“ (****) nach, ein Mini-Album mit sechs Stücken und das Brutalste, das er je aufgenommen hat. „Tilted“, „JC Auto“ und „Walking Away“ sind Bestien des Schmerzes, die im Konzert zu Überschall-Ungeheuern mutierten: „You’ll be sorry when I’m gone“, brüllt Mould immer wieder. „I’m your Jesus Christ.“ Die ergänzte DVD enthält genau ein Video und vier Songs im Finsbury Park.

Ironie war das Letzte, was man sich von diesem Schmerzensmann wünschte – doch „File Under: Easy Listening“ (1994, **) beendete das Sugar-Kapitel mit miserablen, konfusen Songs. Das beigegebene Konzert in Minneapolis macht diese Edition für Kenner zu einer möglicherweise doch unverzichtbaren Angelegenheit.

Die interessanteste Edition ist indes die Zwangs-Zusammenlegung von „Bob Mould“ (***, 1996) und „The Last Dog And Pony Show“ (***, 1998): damals weithin ignorierte und geschmähte Platten, die noch mehr leer laufenden Hass und Resignation und Reverb verbreiteten. Aber Moulds eigene Langeweile mit dieser Art von Frustration führte ihn dann zur Elektronik – und einer neuen Art von Verzweiflung. Das Konzert im Londoner Forum, Herbst 1998, ist der bewegende letzte Akt der Selbstausbeutung eines Mannes, der am Ende des Weges war, müde, mürbe und fast taub. (Edsel/Soulfood) arne willander

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