The Beatles

The Capitol Albums, Vol. 1

Capitol

Die vier ersten LPs der Fab Four, wie sie in den USA erschienen

Der allseits gern zitierte Gorbatschow-Spruch stimmte zumindest hier ausnahmsweise mal nicht Mehr ab ein Jahr lang hatte man bei Capitol Records verpennt, was anderswo schon als gewiss galt: dass dieses Quartett aus Liverpool vielleicht die größte Pop-Sensation seit Elvis werden könnte. Aber als die Firma -spät und um Schadensbegrenzung bemüht – dann doch auf den bei uns längst in rasender Fahrt dahinbrausenden Beatles-Express aufsprang, verabschiedete sie sich von allen bis dahin geltenden Marketing-Regeln und veröffentlichte, beginnend mit „I Want To Hold Your Hand“ im Januar 1964, Beatles-Singles in Dauer-Serie.

Mit unglaublichem Erfolg: Am 4. April besetzten die Fab Four mit fünf Songs die ersten fünf Plätze der Singles-Hitparade. Eine Woche später notierte man in derselben schlappe 14 Singles der Band. Am Ende des Jahres hatten sie es dann gar nämlich mit auf Vee-Jay, Tollie und Swan wiederveröffentlichten Aufnahmen – auf doppelt so viele Singles in den Top 100 gebracht! Ein unvorstellbarer, nie eingestellter Rekord.

Statt neben den Singles und EPs die ersten vier LPs im Original-Sequencing nachzureichen, stellte man bei Capitol aus denselben gänzlich neue Kompilationen zusammen. Jede davon war genau genommen ein ziemlich wüster, inhaltlich bzw. in der Zusammenstellung schwer nachvollziehbarer Verhau. Weil man da nämlich zum einen ganz rigoros eine „Hits plus Füllmaterial“-Politik praktizierte, zudem den amerikanischen Fans pro LP zwei bis drei Songs weniger bot als EMI denen in Übersee und dann auch noch die Chuzpe besaß, manche Aufnahmen klangtechnisch auf vermeintliche amerikanische Hörgewohnheiten (will sagen: mehr Hall, damit’s über Mittelwelle und Jukeboxen besser rüberkommt) hin zu überarbeiten.

Ein schönes Sammlerteil ist das allemal. Aber das nur, weil viele der Aufnahmen auf den ersten vier Beatles-CDs bis heute nur in heftig komprimierten Mono-Mixes vorliegen. Der clevere Marketing-Einfall bei dieser Box: Den Mono-Fassungen der US-LPs hat man auf den vier CDs generös die Stereo- bzw. „Duophonic“-Pseudostereo-Mixes vorangestellt, die man damals parallel veröffentlichte. Wer sich immer schon darüber grämte, dass ausgerechnet die Folkrock-Pioniertat der Band in der lausigen Mono-Abmischung auf CD kam, der darf sich jetzt freuen: Auf „Something New“ hatte man ja gleich 8 der 13 Songs von „A Hard Day’s Night“ im Stereo-Mix gebracht und über die anderen LPs noch so viele weitere verteilt, sodass man das Album mittlerweile nahezu komplett in der Stereo-Fassung rekonstruieren kann. Hirnrissig nur, dass man „You Can’t Do That“ in der „duophonisierten“ Version wieder veröffentlichte, obwohl’s das in prima Stereo-Mix gibt.

Dieser Wahnsinn hatte hier in einigen Punkten Methode. Und Remastering-Ingenieur Ted Jensen jetzt offenbar die Vorgabe, sich bei der Arbeit streng an die historisch verbürgten Tatsachen zu halten. Also musste er alles, was damals auf den LPs an duophonisierten Single-Titeln (A wie B-Seiten) erschien, für dieses Set in derselben Form übernehmen. Was ziemlicher Blödsinn ist, auch wenn es der geschichtlichen Wahrheit entspricht Denn schließlich gibt es Aufnahmen wie „I Want To Hold Your Hand“ längst in den Stereo-Fassungen. „She’s A Woman“, vor allem aber „I Feel Fine“ mit dem genial realisierten Stereo-Effekt beim Gitarren-Intro auf „Beatles Wallen Ernstes in verhunztem Pseudostereo zu präsentieren, grenzt an Schwachsinn. Denn damit – wie auch mit dem Beginn von „A Hard Day’s Night“ – hatte George Martin das Ende der Ping-Pong-Stereo-Ära eingeläutet Nächstes Jahr dann wohl zur selben Zeit: Teil 2 mit den restlichen amerikanischen Versionen der Beatles-Alben.