The Music Never Stopped :: Regie: Jim Kohlberg

Bücher können einen intellektuell prägen, Filme ein ganzes Leben beeinflussen. Aber nichts geht so tief wie Musik. Sie ist reine Emotion, bündelt Ängste und Sehnsüchte, löst Wut oder Freude aus. Ein Song ist wie ein bester Freund, eine Geliebte. Und er bringt nach Jahren beim ersten Ton längst verschüttete Bilder zurück. Regisseur Jim Kohlberg setzt die Wirkung der Musik als Erinnerungsspeicher in seinem Spielfilmdebüt nicht nur als sentimentalen Effekt, sondern auch unter wissenschaftlichen Aspekten ein. Sein Drama basiert auf der Fallstudie „The Last Hippie“ aus der Kurzgeschichtensammlung „Eine Anthropologin auf dem Mars“ des Neurologen Oliver Sacks, der auch die Romanvorlage zu „Zeit des Erwachsens“ und den Bestseller „Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselt“ geschrieben hat.

Die Story beginnt um Ende der 80er-Jahre, als das Ehepaar Henry (J.K. Simmons) und Helen Sawyer (Cara Seymour) durch einen Anruf erfährt, dass ihr Sohn Gabriel (Lou Taylor Pucci) im Krankenhaus liegt. 20 Jahre haben sie ihn nicht gesehen – und nun erkennt sie der magere Mann mit dem Vollbart nicht mehr. Gabriel hatte einen Gehirntumor, der zwar gutartig war und herausoperiert wurde, aber die Nervenzellen seines Langzeitgedächtnisses beschädigt hat. Meist wiederholt er nur zusammenhanglose Wörter. Als er jedoch zufällig die französische Nationalhymne hört, scheint er kurz bei klarem Verstand zu sein. Die Eltern kontaktieren die Musiktherapeutin Dianne (Julia Ormond), die Gabriel nach einigen vergeblichen Versuchen zum Sprechen bringt – durch „All You Need Is Love“ von den Beatles mit der einleitenden „Marseillaise“. Doch damit beginnt auch für Henry ein schmerzlicher Erinnerungsprozeß.

Stets ausgehend von einem Lied, führen Rückblenden in die 60er- Jahre zurück. Henry schwärmt für Jazz und Swing und steckt mit seiner Begeisterung auch den kleinen Gabriel an. Doch als Jugendlicher mit langen Haaren und eigener Rockband will er von Papas Oldies nichts mehr wissen. Nach Streit und Verboten kommt es zum Bruch. Und wenn Henry seinen Sohn nun nicht noch mal verlieren, sondern zurück ins Leben holen will, muss er sich mit dessen Musik beschäftigen, die er noch immer verachtet.

Ein trivialer Generationskonflikt, den Kohlberg im Kern auch recht stereotyp und nicht immer frei von Rührseligkeit erzählt. Doch durch viele liebevolle Details und die nuan­cierte Darstellung von Simmons als starrköpfiger, verkniffener Pensionär lässt man sich von dieser Beschwörung der Kraft der Musik gerne mitreißen. Fast schmollend windet Henry sich, dass er seine Überzeugungen überprüfen muss. Zugleich spürt man aber auch, wie ihn ein enormes Schuldgefühl belastet. Wunderbar ironisch ist die Szene, in der er seine eigenen Platten in einen Laden schleppt und der Verkäufer nach einem gelangweilten Blick in den Karton überrascht die Augenbrauen hebt, weil Henry zum Tausch alles von Bob Dylan, den Rolling Stones und vor allem The Grateful Dead haben will.

So kann er mit Gabriel die Vergangenheit aufarbeiten, ja sogar eine Gegenwart herstellen. Mit einem erleichterten Lächeln verfolgt Henry, wie sein Vater in einem euphorischen Wortschwall die Bedeutung von Dylans „Desolation Row“ erklärt oder bei „Uncle John’s Band“ von den Dead in schieres Entzücken ausbricht. „Die Dead spielen nicht die Noten“, philosophiert er einmal. „Sie spielen den Moment.“ Und solche Momente bewegen jeden, gleich welche Musik er mag oder wie alt er jetzt ist.

Man merkt es schon: In diesem Film steckt viel Musik. Vor allem die Musik von Grateful Dead. Aus diesem Grunde verlosen wir gemeinsam mit dem Filmverleih zwei „The Music Never Stopped“-Packages bestehend aus dem Filmposter, der Best of „Grateful Dead – Skeletons From The Closet“ und zwei Kinogutscheinen. Wer gewinnen möchte, der schreibe ein Mail mit dem Stichwort „The Music Of The Dead Never Stopped“ an verlosung@www.rollingstone. Viel Glück!

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