The Smashing Pumpkins – Greatest Hits: Rotten Apples

Früher König der Rockmusik (für zweieinhalb Minuten), heute der übelgelaunte Kahlkopf, der jede Band der 70er Jahre adoriert und bei New Order mitspielt: Da braucht es keinen Joker, das ist Billy Corgan. Von allen unnützen „Best Of‘-Retrospektiven (The Beautiful South! Ocean Colour Scene!), die Weihnachten so deprimierend machen, wollten wir mal die eine besondere besprechen – die mit 16 Outtakes, Demos und B-Seiten. Aber ach, hier entspricht der Titel ziemlich präzise der Wahrheit fast nur faule Äpfel und kein einziger Outtake von „Siamese Dream“, das 1993 in einer bunkerhaftähnlichen Atmosphäre unter Hochdruck aufgenommen wurde und hier die meisten „Greatest Hits“ stellt (sind sogar ein paar echte). Die zweite, die Bonus-Disc ist im bekloppten spätcorganschen Bibelstil Judas O“ betitelt. Und der Judas ist Corgan selbst.

„Gish“, das wunderbare Debüt von 1991, bringt es auf zwei Einsätze: „Siva“ und „Rhinoceros“. Damals war Corgan ein Langhaariger und ein Niemand, aber Butch Vig war schon Produzent. Dann erschien „Nevermind“, das knapp die besseren Songs und den größeren Charismatiker hatte, doch Corgan machte weiter und ging mit „Siamese Dream“ in Führung. Diesmal holte Cobain ihn mit „In Utero“ nicht ein. „Siamese Dream“ war sofort ein Klassiker – es war der Sound, das Wummern und Propellern und Rumoren und Wüten, dabei Corgans verletztes, beleidigtes und greinendes Gequengel, die Dynamik von laut und leise, heute bei dumpfen Furz-Rockern wie Blink-182, Sum 41 und Alien Ant Farm das einzige Erbe, das von den großen Rock-Bands der Neunziger geblieben ist.

Was heute gar nicht mehr geht: dass jemand sich das Hemd aufreißt, nicht weiß, wohin mit sich, heult und blutet und alles verdammt ernst meint. Im stereotypischen Rock-Journal müsste es jetzt heißen: „Billy erzählte mir damals in einer Hotelsuite… als er noch Haare hatte… unglaublich freundlich und schüchtern…“ Also: Billy erzählte mir damals in einer Hotelsuite, als er noch Haare hatte, unglaublich freundlich und schüchtern, dass er gerade ein Haus bauen ließ für sich und seine Freundin. Ein Haus! Eine Freundin! Und dass er als Kind die bösen Figuren in den Disney-Filmen immer gefürchtet hatte. Und dass „Siamese Dream „von einem Regenschirm überspannt werde, thematisch. Man begreift das, wenn man die Platte hört.

1995 kam „Mellon Collie And The Infinite Sadness“, trotz des überkandidelten Titels und der Abwesenheit von Humor Corgans größter Wurf. Ein Doppel-Album, auch noch mit Konzept, Piano-Etüden und symphonischem Bombast, Monstersongs wie „Bullet With Butterfly Wings“, Zerbrechliches wie „To Forgive“, leichtherzige Reminiszenzen wie „1979“. Nach der Tortur „Disarm“ entdeckte Billy weniger brutale Möglichkeiten, Liebeslieder zu schreiben: „Lily (My One And Only)“. „Spaceboy“ fehlt hier!

Und dann wurde alles zuviel. Es passierte der Drogenunfall des Unglücksraben Chamberlin, den Diktator Corgan mit Entlassung ahndete. Die Band zerbrach beinahe. An „Adore“ waren neben Corgan und der Trommelmaschine kaum noch Musiker beteiligt. So gelang ihm mit Oden an eine Seglerin und einen Baseballspieler ein letzter Gruß vom Genie.

„Machina (The Machines Of God)“

ist ein lächerlicher, pompöser Schwachsinn. „Machina U“ erschien nur noch im Internet. Gerade hat Billy Corgan eine neue Band gegründet. Sie heißt „Zwan“.

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