The Strypes :: Snapshot

Die jungen Iren bringen Feedback und Schweiß zurück in den Rock’n’Roll – und klingen noch britischer als manche Briten

Nein, neu erfunden haben sie ihn nicht, den Rock’n’Roll. Wenn man es denn ganz genau nimmt, alle Graustufen einmal beiseite, dann bieten die Iren hier den Aufguss vom Aufguss – ausgehend vom Rhythm & Blues der 50er- und 60er-Jahre, mit dem Revival als Pub-Rock in den frühen und Mittsiebzigern, das mit Bands wie Dr. Feelgood den Grundstein für New Wave legte, also die Brücke von Blues zu Punk schlug. Aber schmeckt nicht manches Essen auch aufgewärmt? Das eine oder andere Gericht dabei nicht sogar besser?

Mit solchen geschichtlichen Querverweisen tut man den vier Freunden natürlich keinen Gefallen. In einer Zeit, in der die Pretty Things nicht im Radio rauf und runter laufen, geschweige denn Dr. Feelgood, sollte man jungen Menschen (und jung sind sie wirklich, Gitarrist Josh McClorey verkörpert mit 18 den Methusalem!) bei der Rückkehr von Feedback und Schweiß zu den richtigen Vorbildern nur gratulieren. So haben schon ganz, ganz andere angefangen: Ursprünglich spielten die Strypes bei ihren Auftritten bloß Fremdmaterial, Songs, die in der Regel mit dem Aufwachen beginnen (siehe auch ihre Debüt-EP „Young, Gifted & Blue“). Auf ihrem ersten Album halten nun allerdings die Eigenkompositionen die Mehrheitsrechte, und diese sind den Originalen in keinster Weise unterlegen, gebaren sich „klassisch, praktisch, gut“, also kurz, kompakt, energiegeladen. Versehen mit der Respektlosigkeit von Teenagern, die Rezensenten nicht nur die Rolling Stones, die Yardbirds und Them aufzählen lässt, sondern auch auf den jungen Paul Weller und die frühen The Jam verweisen. Sänger Ross Farrellys Stimme, die auch auf „Nuggets“-Boxsets positiv hervorstechen würde, legt darüber hinaus eine gewisse Strokes-Lässigkeit und -Nonchalance an den Tag. Gerade einem gnadenlos „überspielten“ Titel wie „You Can’t Judge A Book By The Cover“ (geschrieben von Willie Dixon, 1962 ein Hit für Bo Diddley) verleiht das eine erstaunliche Frische. Nebenbei beherrscht er ein staubtrockenes Mundharmonikaspiel. Wie überhaupt alle vier sich als fingerfertige Multiinstrumentalisten präsentieren.

Neben der Bo-Diddley-B-Seite „I Can Tell“ und einer Adaption des Muddy-Waters-Titels „Rollin’ And Tumblin’“ (der perfekte Album-Abschluss!), landeten die Strypes bei der Auswahl der Coverversionen ausgerechnet bei Pub-Rock-Ikone Nick Lowe. Dessen „Heart Of The City“ erschien 1976 als Rückseite der allerersten Single des legendären Punk-

labels Stiff Records. Produziert wurde „Snapshot“ von Chris Thomas, der einst für „Never Mind The Bollocks, Here’s The Sex Pistols“ verantwortlich zeichnete, in den Produktions-Credits zu „You Can’t Judge A Book By The Cover“ wiederum findet sich ein gewisser Chris Difford, ehemals Mitglied von Squeeze, der urbritischen Band schlechthin. So viel zur richtigen Geschichtsverankerung!

Ihre Haare haben die korrekte Länge, und ihre Anzüge sitzen. Steht den Strypes eine Superstarkarriere bevor? Kann sein, muss nicht sein. Im Moment machen sie einfach Spaß, und die Kids wissen wir bei ihnen besser aufgehoben als bei One Direction.

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