The Who – Live At The Isle Of Wight Festival 1970

Späte Veröffentlichung der turbulenten Live-Aufnahme

Rock’n’Roll hatte in Altamont schon sein Quantum Unschuld eingebüßt, doch Janis und Jimi lebten gerade noch, als „a nice rock’n’roll band from Shepherds Bush, London – the oo!!“ (Ansage) Ende August 1970 vor geschätzt 600 000 Pilgern auf die Isle Of Wight-Bühne zurückkehrte (nach dem Debüt im Jahr zuvor). Nur sechs Monate vorher hatte die Band in einer Uni-Aula für die Originalversion von „Live At Leeds“ noch mal „Maximum R&fB“ destilliert, um den nach „Tommy“ in der Heimat leicht angekratzten Ruf als „rough and ready in-yer face rock band“ (Chris Charlesworth) zu restaurieren. Erst die Neuauflage brachte 1995 mit „Amazing Journey/Sparks“ einen kleinen Ausschnitt aus dem komplett gespielten Werk. Dieser knapp zweistündige Festival-Mitschnitt zelebriert das Konzeptwerk um den Flipper-Hexer nun ganz selbstverständlich im Zentrum der Show — mit Wucht, Witz, Finesse, Keith Moons Ausflug in „Tommy’s Holiday Camp“ und einem gut aufgelegten Roger Daltrey, der auch Pete Townshend zu manch fideler Harmonie und Konterattacke animierte.

Drumherum blieb genug Raum für ein Maximum The Who – mit frühen Club-Favoriten („I Can’t Explain“, Mose Allisons „Young Man Blues“), Entwistle-Galopp („Heaven And Hell“), aktuellen „Lifehouse“-Arbeitsproben (der holprig-charmante Power Chord/Country-Zwitter „I Don’t Even Know Myself‘), erhöhtem Cover-Fieber („Summertime Blues“, das Medley „Shakin’All Over/Spoonful/ Twist & Shout“) und der obligatorischen Final-Klassikerrunde in eigener Sache mit „Substitute“ sowie den hier vergleichsweise kurz notierten „My Generation“ und „Magic Bus“.

Würde Keith Moon mit seinem Freistil-Monsterbeat heute nicht aus jeder Band fliegen? Wie dieses Quartett mit im Prinzip drei Instrumental-Solisten immer wieder zueinanderfand, in dieser aberwitzigen Mischung kleiner und größerer Explosionen, bleibt auch 40 Jahre danach ein intuitives Mirakel. Es muss ein schöner Heidenlärm gewesen sein, damals, vor allem da oben auf der Bühne. Schilder warnten davor, sich der Who-PA (über die das ganze Festival lief) auf weniger als rund fünf Meter zu nähern. Pete Townshend hat sie wohl ignoriert. Oder gar nicht gesehen.

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