Tindersticks

The Waiting Room

Zurück zur Grandezza: Stuart Staples macht wieder Seelenmusik

Die Tindersticks ließen 1997 mit dem dritten Album den Vorhang hinter ihrem epochalen Frühwerk fallen, schrieben fortan Filmsoundtracks für Claire Denis und widmeten sich Versuchen über Soul, Sarah Kane und Roxy Music. Nebenwerke, wenn auch lohnende. Vor drei Jahren gelang ihnen mit „The Some­thing Rain“ unvermutet wieder ein großes Album. Es folgten: ein Soundtrack („Les Salauds“), ein Schlachtengemälde („Ypres“) und eine müde Retrospektive („Across Six Leap Years“). Die ganze Grandezza schien wieder zu verläppern.

Und auch „The Waiting Room“ beginnt eher beiläufig: mit einem Kunststückchen auf der Melodica.Dann hebt Stuart Staples seltsam stimmlos zu einem E‑Piano an: „Fell in love – before I could identify it …“ Und es dauert zweieinhalb Minuten, bis daraus ein Lied wird. Schließlich barmt er um seine zweite Chance – „’cause I’m a second-chance man“. Seelenmusik. Man kann auch Soul dazu sagen. „Were we once lovers?“, fragt er im nächsten, gleichnamigen Stück zu einem skelettierten Funk, der sich zu einem irrlichternden Schmachtfetzen steigert. Und ja, es geht auf diesem Album um die Liebe. Worum auch sonst?

Zu jedem dieser Lieder gibt es auf einer beigelegten DVD einen kleinen Kurzfilm. Den zu „Help Yourself“ hat Claire Denis gedreht. Die Kamera folgt einem schwarzen Mann durch einen französischen Bahnhof, Afrojazz-Bläser jubilieren. In „Hey Lucinda“ erhebt die 2010 verstorbene Lhasa de Sela noch einmal ihre traurige Stimme zu einem der großen Tindersticks-Duette. „How He Entered“ wiederum gehört in die Kategorie der großen Tindersticks-Sprechstücke. Das zur Orgel rezitierte Titelstück ist die Antiklimax, das fiebrige „We Are Dreamers!“ mit Jehnny Beth von Savages der späte Höhepunkt dieses schlafenden Riesen von einem Album, das fast so beiläufig endet, wie es begann – ein Barpianist, ein luftiger Rhythmus und ein Sänger, der das Ende einer Liebe besingt: „We can only hurt each other the way that lovers can.“ Wir werden uns langsam in „The Waiting Room“ verlieben. (City Slang)