Tom Waits :: Bad As Me

Diesen Freitag kommt das neue Album von Tom Waits. Auf dessen Homepage kann man „Bad as Me“ bereits im Stream hören – im Tausch gegen die E-Mailadresse erhält man einen Code, mit dem man sich zum Stream des Albums einloggen kann. Dazu gibt es hier die Rezension von Arne Willander:

Niemand erfindet sich im Alter von 61 Jahren neu. Für Tom Waits, dessen Musik immer schon alt war und den man sich als Jugendlichen gar nicht vorstellen kann, muss ein Spätwerk die schwerste aller Aufgaben sein. Doch sieben Jahre nach dem rhythmischen, aggressiven, manchmal hysterischen „Real Gone“ verblüfft er mit einem Album, das zunächst klingt wie eine routinierte Reprise der gesammelten Zirkuskunststücke eines Zauberers.

Aber der Eindruck stimmt nicht. Genau besehen spielt Waits bei „Get Lost“ den schwärzesten, irrsten Rhythm & Blues seiner Karriere. Für die zärtlichen Balladen „Talking At The Same Time“ und „Face To The Highway“ fand er noch einmal spezielle Stimmen: das Fisteln in der ersten, das kehlige Croonen in der zweiten. Bei „Chicago“ duellieren sich Banjo und Bläser in einem forsch galoppierenden Stück des Aufbruchs. „Pay Me“ singt Waits zur Akkordeon- und Piano-Begleitung so hemmungslos sentimental und romantizistisch wie seit „Frank’s Wild Years“ nicht mehr.

Zu Marc Ribots wie stets frei flottierendem Gitarrenspiel kommt das mexikanisch grundierte Spiel von David Hidalgo bei „Back In The Crowd“, einem sogar in Waits‘ reichem Werk beispiellos schlichten, schönen Stück. In „Bad As Me“ gibt er wieder den Durchgedrehten, aber mit Western-Gitarre, Tröte und kübelweise Ironie. „Kiss Me“ ist ein Rückgriff auf den Bar-Jazz-Sänger der Siebziger. „Satisfied“ ist ein gekeuchter R&B-Shuffle mit Verneigung vor Jagger & Richards und dem Teufel im Text, „Last Leaf“ ist ein steinerweichend kaputtes Duett mit Keith Richards, der Quasi-Rap „Hell Broke Luce“ entfesselt polternd das gesamte Ensemble.

Kaum ein Stück auf „Bad As Me“ ist länger als vier Minuten – der letzte Song, „New Year’s Eve“ samt „Auld Lang Syne“-Choral, dauert viereinhalb. Nirgendwo auf dieser Platte herrscht die Dekonstruktion, das Zerstörungswerk der Schlaginstrumente, wie es bei Waits zuletzt beinahe obligatorisch geworden war. Schrottplatz war gestern, Rekonstruktion ist heute: mehr Schönheit als Schrecken.

Beste Songs: „Chicago“, „Talking At The Same Time“

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