Truth Serum :: Solide, nach Schönheit suchende Songs des großen Stilmix-Meisters

Garland Jeffreys ist jetzt 70, alt genug also für die Wahrheit. Und die lautet wohl, dass einem großartigen Comeback wie „The King Of In Between“ zwei Jahre später kaum ein ebenso großartiges Album folgen kann. Selbst wenn sich schon in der ewigen Pause vor seiner Wiederkehr so einiges angesammelt haben dürfte auf den alten Kassetten, die der New Yorker nach wie vor als Demo-Medium präferiert. Neue Überflieger à la „Streetwise“ oder „The Contortionist“, die sofort zünden und doch zigmal gehört werden wollen, gaben aber weder Fundus noch die aktuelle Produktion her.

John Lee Hooker lässt schön grüßen, wenn Jeffreys gleich zum Auftakt sein Wahrheitsserum verabreicht und dabei geschickt einen nur vage ausgeleuchteten Raum zwischen alkoholinduziertem Absturz und Wahlkabinen-Bluff besetzt. „I can’t be your optimist, I won’t be your pessimist“, bringt er später in „Is This The Real World“ sein Credo auf den Punkt. Und von diesem Ort aus, wo nichts beschönigt wird und doch die Sehnsucht nach wahrer Schönheit vielleicht gerade deshalb nur noch immer mehr zu wachsen scheint, gelingen ihm die schönsten, eher introspektiven Songs. Der schlanke R&B-Stoizismus „Any Rain“. Die Country-Ballade „It’s What I Am“. Das musikalisch verwandte, aber Akkordeon-umspülte „Ship Of Fools“, in dem er klarstellt: „Some folks say that I’m here for them, but I’m here for you, and I’m here for me, and that’s true.“ Nicht zu vergessen „Far Far Away“, in dem aller Ärger und alle Probleme zu fernen Verwandten werden, die dem Neustart ins Glück nicht mehr im Wege stehen.

Musikalischer Ausreißer im bewährten Stil-Mix, der mit „Dragons To Slay“ auch die obligatorische Ska/Reggae-Note hat, ist „Collide The Generations“. In lärmender Velvet-Underground-Manier und offenbar inspiriert von seiner jetzt 17-jährigen Tochter Savannah reißt der Song sein Thema auf und ist dann doch das, was seine Musik sonst nie ist: etwas bemüht. Zu guter Letzt wird alles noch mal ganz leicht, wenn Garland Jeffreys im Off Beat-Modus die Revolution im Kopf beschwört, mit der alles anfängt. Eine banale Erkenntnis. Aber vermutlich auch die Wahrheit.

(India/Rough Trade/Zebralution) JÖRG FEYER

Nachtfahrt in Moll

Channy Leaneagh schließt an die Downbeat-Sounds des Debüts an, drängt mit ihrer Stimme aber etwas mehr nach vorn -und ins Radio

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates