Vertrauter Feind von Alan J. Pakula; The Saint von Phillip Noyce :: ab 27. März; ab 1. Mai

In Polit-Thrillern von Alan J. Pakula scheinen die Menschen oft winzig, fast bedeutungslos, wie Fremdkörper im Vakuum. Leer ist darin seine Welt, mal finster, mal gleißend hell, niemals aber vertraut oder beruhigend. Und irgendwo dort draußen scheint das Böse zu lauern, hinter den seriösen Fassaden der Bürotürme, hinter einer der Türen der anonymen Flure, und selbst der Ort der Wahrheit verdichtet sich noch zu einem surrealen Labyrinth. Doch je monolithischer und mondäner die Schaltzentralen und Symbole der Macht waren, desto wahrhaftiger und wagemutiger wirkten plötzlich die Menschen. Unmerklich.

Pakula hat 1976 „Die Unbestechlichen“ gedreht, mit Robert Redford und Dustin Hoffman als den Reportern, die Watergate aufdeckten; auch „Zeuge einer Verschwörung“, 1973, in dem Warren Beatty als Redakteur einer Provinzzeitung den politischen Komplott eines Psycho-Konzerns recherchiert, dessen Originaltitel „The Parallax View“ ein Synonym ist für Pakulas Perspektive, mit der er seine beklemmende Atmosphäre erzeugt Zuletzt drehte er „Die Akte“, nach dem Roman von John Grisham, in dem sich alle Paranoia-Motive Rakulas rinden lassen, aber keines wirkt. Und jetzt „Vertrauter Feind“.

Vertraut ist die Totale am Anfang. In weitem Bogen kehrt ein Mann mit seinem achtjährigen Sohn auf einem Kutter heim. Beim Abendessen der Familie wird der Vater erschossen und Rory (Brad Pitt) zum meistgesuchten Terroristen der IRA. In New York soll er Stinger-Raketen beschaffen. Ein Sympathisant vermittelt ihn als Untermieter an den Cop O’Meara (Harrison Ford) – der von dessen wahrer Identität nichts ahnt und ihn wie einen Sohn in seiner Familie aufnimmt So kreist der Plot um Nähe, Vertrauensmißbrauch und Entfremdung, was Szenen symbolisieren wie beim Abendessen: Rory kennt nicht das irische Traditionsgericht, das ihn die O’Mearas servieren. „Was wißt ihr schon davon, was da drüben vorgeht“, verteidigt er sich, als O’Meara ihn enttarnt hat. Die Prinzipien des Polizisten, der nie jemanden getötet hat, werden bereits bedroht, als sein befreundeter Kollege einen Dieb erschießt. So schließt sich bis zum Finale immer der Kreis der Gewalt, in dem alle gefangen sind. Dafür benötigt Pakula nicht exorbitante Explosionen, obgleich das Budget zuletzt 90 Millionen Dollar betrug. Ein Drittel davon erhielten allein die beiden Stars, die als Antipoden zwei Altersgruppen ansprechen sollten, sich am Set aber heftiger stritten als im Film. Zehn Autoren schrieben an der Story, bis die banalsten Dialoge blieben. Pakula hat umsichtig den vorhersehbaren Plot arrangiert, wo er sonst diffuse Ahnungen schuf. Es scheint der Preis zu sein, den er an die Macht der Studios zahlen mußte.

Mit Harrison Ford und modernen Mitteln zeigte Phillip Noyce in den IRA-Thrillern „Die Stunde der Patrioten“ und „Das Kartell“ eine ähnlich bedrohliche Welt der Macht und des Terrors wie früher Pakula. Technik hat in „The Saint“ eine konträre Funktion: Der Böse, Russen-Mafioso Tretiak, will mit einer Wundererfindung der neue Zar werden. Dem Guten, Meisterdieb Simon Templar (Val Kilmer), ist sie berufliche Spielerei. Roger Moore löste die Aufträge in der TV-Serie sophisticated. Kilmer hangelt als zynischer Einzelgänger durch ein desolates Land, wobei ihm chamäleonhafte Auftritte gelingen, das Post-Bond-Feindbild aber weder verstört, noch nur interessiert.

Ob IRA-Terror oder Russen-Mafia, beide Filme suggerieren: Alles ist in Ordnung.

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