Vinyl von Wolfgang Doebeling

Aretha Franklin

I Never Loved A Man The Way I Love You (ATLANTIC/4 MEN WITH BEARDS) Ohne Aretha Franklins Columbia-Output unter Wert zu veranschlagen – sie hatte in ihren sechs Jahren dort eine ganze Reihe exzellenter Platten aufgenommen – bewegt sich „lNever Loved A Man “ in einer anderen Sphäre. Ganz oben im Soul-Olymp, neben „Otts Blue“ und den beiden Goldwax-LPs von James Carr. Bei Columbia, anfangs noch unter den Fittichen von John Hammond, hatte Aretha Blues intoniert und Jazz, feinen Pop und fade Standards, aber Soul nur in sehr beherrschtem, ja gebremstem Gesangsstil. „Soul Sister“, Arethas Abschieds-LP für Columbia, ist eine prächtige Platte, verblasst aber buchstäblich, hört man sie back-toback mit ihrem Atlantic-Debüt. Es war Jerry Wexler, der erkannt hatte, welch ungeheures Potential in dieser Stimme steckte und wie es hervorgekitzelt werden konnte. Mittels der Musde-Shoals-Crew in Alabama. Zwar mussten die Sessions dort wegen persönlicher Querelen abgebrochen werden, doch sie wurden in New Y>rk mit demselben Deep-Soul-Personal fertiggestellt, mit einer Aretha, deren ungezügelte Gospel-Intensität zu Tränen rührt und deren Piano-Anschlag zugleich Antrieb und Anker ist Otis Reddings „Respect“ erhält seinen ultimativen Schliff, „Do Right Woman“ von Dan Penn und Chips Moman bebt vor innerer Erregung, und Sam Cookes Bürgerrechts-Hymne „A Change Is Gonna Come“ kriegt einen Kick ins Pastorale: heiliger Zorn. Atemlos lässt einen diese LP zurück, doch kann sie Leben retten. 5,0

Sarah Vaugtian

Come Rain Or Come Shine (PA ST PERFECT/TIM) Einen repräsentativen Querschnitt durch das Schaffen der Bop-Diva kann diese knapp 50-minütige Best-Of-Collection natürlich nicht bieten, sehr wohl aber eine Einführung in die Phrasierungskünste der Stilistin. Ein paar Vaughan-Klassiker in luxuriös-orchestralen Arrangements wie „The One I Love Belongs To Somebody Else“ und „Penthouse Serenade“, dazu Tunes von Gershwin: Pop, sehr sophis- ticated, niemals seicht. 3,5

Charlie Parker

Star Eyes isilver line/tiM) Sarah Vaughans wichtigster Inspirator neben Billy Eckstine und Dizzy Gillespie war Charlie „Bird“ Parker, Jazz-Existentialist und Hipster mit Heroin-Habit, dessen wildere Exkursionen ins selbstentworfene Bebop-Universum auf dieser Compilation ausgespart werden. Dies ist Bird im gläsernen Käfig, sein Alto-Sax diszipliniert, die meist eigenen Kompositionen keinen Moment aus dem Blickwinkel verlierend. Der bluesige Ton, die abrupten Wechsel, die sinistren kleinen Wendungen: alles da, auf so berühmten Stücken wie „Mohawk“, „Marmaduke“ oder „My Melancholy Baby“. Dennoch, dies ist der „orthodoxe“ Parker, will sagen: relativ zugänglich. 4,0

Major Lance

Major s Greatest Hits (OKEH/SONY MUSIC) Nicht die Karriere-umfassende Hitsammlung des Soulsters aus Chicago, sondern ein Reissue seiner Greatest Hits-LP des Jahres 1965, die Lances erste drei Jahre auf OKeh zelebrierte. Die wichtigsten Erfolge sind versammelt, darunter „The Monkey Time“ von 1963, ein BlueprintfürBob&Earls,,HarlemShuffle“. Und natürlich sein 64er Millionseiler „Um, Um, Um, Um, Um, Um“, der in einer (überlegenen) Brit-Beat-Variante von Wayne Fontana & The Mindbenders die europäischen Charts heimsuchte. Fast sämtliche Tracks stammen aus der Feder von Curtis Mayfield, doch behielt der seine besten Songs bekanntlich für sich und seine Impressions, an die sich Lance stilistisch eng anlehnte und die er mangels Vokalkünsten nur ganz selten erreichte. 3,0

Eric Andersen

‚Bout Changes’n Things Take 2 ( VANGUARD)

Die 1967 erschienene, leicht folkrockende Ausgabe von Andersens 66er LP „‚Bout Changes & Thing“. Ein Vorgang ohnegleichen, zu dem sich Vanguard veranlasst sah, nachdem man den Folk-Poeten live mit elektrifiziertem Backing erlebt (und den Markt sondiert) hatte. Einige seiner besten Songs sind hier zur Zweitverwertung angetreten: „Thirsty Boots“, „Violets OfDawn“, „Close The Door Lightly When You Go“, „The Hustler“ und das für Woody Guthrie verfasste „My Land Is A Good Land“. Und „Blind Fiddler“, dessen definitive Version indes erst Jahre später veröffentlicht werden sollte, von Hoyt Axton. Wie alle Vanguard-Reissues vorbildlich gemastered und gepresst. Mit Lyrics-Sheet. Damit konnte seinerzeit nicht einmal das Original aufwarten. 4,0

TheWho

Live At The Isle Of Wight 1970 (SANCTUARY)

Nicht so legendär wie das im selben Jahr entstandene „Live Al Leeds“, dafür mit rund zweistündiger Spieldauer, verteilt auf drei LPs, das komplette Live- Dokument jener Tage. Von John Entwistles rohem „Heaven And Hell“ bis zum finalen Rumoren des „Magic Bus“. Die Jahre 1969 und 1970 gelten nicht umsonst als die vitalsten Konzertjahre des illustren Quartetts, obwohl Pomp und Theatralik von „Tommy“ nicht jedermanns Sache waren. Mit den Exzerpten daraus verhielt es sich anders, der schieren Wucht von „Pinball Wizard“ war nicht zu widerstehen. Elaboriertes, erstklassiges Cover. 4,0

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