Wash The Sins Not Only The Face :: Eher unspektakuläre Goth- Revival-Sounds aus Brighton

Zu den erstaunlichsten popmusikalischen Entwicklungen der vergangenen Jahre hat zweifellos das Revival des Gothic gehört. Was lange Zeit als Second-Hand-Ästhetik für geschmacklich minderbemittelte Vorortjugendliche abgetan wurde, stand plötzlich wieder im Zentrum des Hipstertums: romantische Todessehnsucht, ätherisches Hauchen und Hallen, Dunkeltutentum jeglicher Art. Von Witchhouse bis Darkstep, von Zola Jesus bis Salem war der Äther plötzlich voll mit Geisterstimmen und Gruselmusik – und zwar in der kurzweiligsten und innovativsten Weise. Faszinierend, wie sich etwa im Witchhouse der Zeitlupen-HipHop aus Texas mit der Schlockhorrorästhetik des europäischen Metal versöhnte – oder wie Zola Jesus als untote Siouxsie-Sioux-Wiedergängerin über die Bühnen schwebte.

Aber es gab natürlich auch bei diesem Hipstertrend minder interessante Epigonen zu melden: zum Beispiel das aus Brighton stammende Trio Esben And The Witch, das 2011 mit dem Album „Violet Cries“ debütierte. Sängerin Rachel Davies und ihre beiden Mitmusiker Daniel Copeman und Thomas Fisher hatten zwar das 80er-Jahre-Handbuch zur Geisterstundenstimmungserzeugung gut studiert; ihren Songs fehlten aber wiedererkennbare Melodien ebenso wie jener Sinn für Dramaturgie, der zur Gänsehaut noch die Spannung kommen lässt.

Das ist auf dem zweiten Album „Wash The Sins Not Only The Face“ nicht wesentlich anders geworden. Das Spektrum der geplünderten Stile ist etwas umfangreicher, es reicht vom My-Bloody-Valentine-Shoegaze-Gebratz bis zum lethargischen Durutti-Column-Gitarrengeklingel. Doch innerer Zusammenhalt findet sich in diesen Songs ebenso wenig wie irgendein Hinweis darauf, woran diese so ausgiebig herumjammernden jungen Leute bloß leiden. Die Gespenster, die diese Musik beschwört, haben sich allenfalls zu Tode gelangweilt. (Matador/Beggars) Jens Balzer

Jamie Lidell

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