WELTMUSIK

Ein kaum einzugrenzendes Feld – nicht einfach nur „Musik aus aller Welt“, sondern, zumindest an dieser Stelle, auch Musik mit einem bestimmten Anspruch, einer Botschaft, die alle angeht: Musik zur Erhaltung der Erde. Meditation und Tanz, Ritual und Lebensfreude, Verständigung und Verständnis. Zu den Leuten, die „Worldmusic“ bekannt gemacht haben, gehört PETER GABRIEL. Einen „globalen“ Eindruck von der Kreativität seines „Real World“-Labels gab etwa „Worldwide: Ten Years of Womad“ (Virgin/RWBK D), eine 73-Minuten-CD mit einem 96-seitigen Bild-Textband im Großformat. Aus den zehn Festival-Jahren von WO-MAD (World Of Music, Arts and Dance) mit fast 1000 verschiedenen Gruppen wurden 17 Höhepunkte ausgewählt.

Einen ganz anderen, stark mystischen Ansatz vertritt Laszlo Hortobagyi aus Budapest. In orientalischen Musiktraditionen ebenso bewandert wie im Elektronik-Studio, bricht er immer wieder zu den abenteuerlichsten Expeditionen in okkulte Bereiche auf. Auf seinem dritten Album „Ritual Music of the Fomal-Hoot al-Ganoubi“ (Erdenklang/In-Akustik 40782) lädt Läszlo zu einer Zeitreise in die Welt der Derwische ein. Mönchsund Nonnenchöre, arabisch-indischer Sologesang und elektronisch verfremdete Stimmen dringen aus verborgenen Grüften an die Ohren der Sterblichen, irdisch gebunden an den hypnotisierenden Beat von Schlagzeug, Funkbaß und Tabla, – dazu die machtvollen Akkorde einer Kirchenorgel oder das Trompeten eines Elefanten. Nach 20jähriger Forschungsarbeit dürfte seine psychedelische Weltmusik kurz vor dem Durchbruch stehen.

In der westlichen New Agebzw. Esoterik-Szene sind die Ohren allerdings bisher stärker auf authentische Sounds von Naturvölkern gerichtet, unter anderem in der Absicht, schamanische Heilpraktiken in Therapien und Workshops zu integrieren. Ein Instrument, das leicht zu spielen und selbst herzustellen ist, erfreut sich besonderer Beliebtheit: Die Didgeridoo, ein von Termiten hohl gefressener Baumstumpf, erzeugt einen faszinierenden, dumpfgrollenden, obertonreichen Klang. GARY THOMAS hat das Instrument bei Stammesältesten in Australien kennengelernt und durch zahlreiche Konzerte, Workshops und Alben in Europa bekannt gemacht. Nach seinem Solo-Debüt mit „Didgeridoo“ und verschiedenen Alben mit „Stadtschamanin“ Gabrielle Roth erschien zuerst „Gaia’s Dream“ mit dem ägyptischen Perkussionisten Hossam Ramzy, und danach in der Bandformation NATIVE GROUND mit Gordy Ryan (Djembe, Marimba) und AI Schackman (Gitarre) die CD „One Fine Mama“ (Raven 2062/Aquarius). Hier verbinden sich Klang-Therapie, schamanische Trommel und Blues-Improvisation zu einer lebendigen Einheit Magische „Traumzeit“-Schauer werden vom tanzbaren Fluß der Musik aufgefangen. Vom Geräusch-Klang schamanischer Instrumente ist der Sprung zur experimentellen elektronischen Musik gar nicht so groß – zumindest, wenn der Komponist mit seinen Klängen in tiefere Schichten des Unterbewußten führen oder gar „bewußtseinsverändernd“ wirken möchte. Rechtzeitig zum 60. Geburtstag von HANS JOACHIM ROEDELIUS ist seine „Sinfonia Contempora No. i“ (Prudence 398-6164-2/Bell Music) erschienen. Natürliche, vor allem aber elektronisch erzeugte Geräusche und Klänge gestalten in den „Klangbildern 1-4“ eine surreale Welt, die unweigerlich in ihren Bann zieht, sobald sich die Ohren für die Feinheiten geöffnet haben. Genial komponiert sind die Übergänge und Verbindungen zwischen fraktalen und harmonikalen Strukturen. Melodisch und rhythmisch klar definierte Passagen erscheinen nicht als Orientierungshilfe in einem Chaos, sondern fügen sich wie selbstverständlich in eine höhere Ordnung.

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