Willy DeVille :: Backstreets Of Desire

Das Meisterwerk des Blues-Magiers, vorzüglich remastered

Das Zeitfenster, in dem der zu einer Solo-Karriere entschlossene Willy DeVille hoffen konnte, es auch daheim vor einem Millionenpublikum zu mehr Popularität zu bringen, war winzig. Damals hatte Mark Knopfler sein Album „Miracle“ produziert, und Rob Reiner hatte für „The Princess Bride“ aus demselben „Storybook Love“ für den Soundtrack ausgewählt. Am Ende war das einer von fünf für den Oscar nominierten besten Songs, den Willy am Abend der Preisverleihung vor versammelter Academy vortrug. Aber genau genommen hatte die intime Ballade nicht den Hauch einer Chance gegen die im Duett bei „(I’ve Had) The Time of My Life“ überschwänglich harmonierenden Bill Medley und Jennifer Warnes. Vergleichbare Ohrwurmqualitäten hatten manche von Willys Songs zwar schon in den späten 70er-Jahren gehabt, aber das kam vor allem in Europa an.

Die in Frankreich vom FNAC-Label finanzierten Platten wurden veritable Bestseller – erfolgreicher als alle bei Capitol, Atlantic oder A & M veröffentlichen Platten zuvor. Die hat Ace Records jetzt endlich in ganz vorzüglichem Remastering neu aufgelegt: das Meisterwerk „Backstreets Of Desire“ original ohne Zugaben, „In New Orleans“ (****) als generöse Best-of-Auslese aus „Victory Mixture“ und „Big Easy Fantasy“, „Live In Paris and New York“ (****) ebenfalls als Kondensat aus mehreren Konzertmitschnitten.

In den üppigen Linernotes hielt man sich hier nicht fromm an die Devise „De mortuis nil nisi bene“: Zur Legende wird Willy da wirklich nicht verklärt. Wieso er mehr mit Brian Wilson gemeinsam hatte, als man seiner Musik nach zu urteilen annehmen würde, erklärt in den Anmerkungen Freddy Koella, sein langjähriger virtuoser Begleiter an allen möglichen Saiteninstrumenten, bevor er sich bei Bob Dylan verdingte. Koella erzählt, wie Willy in einem Kokon lebte: „You must understand that Willy was living in a dream or a movie all the time. Reality really wasn’t his thing. He liked fantasy …“ Das empfanden, wenn man Koella glauben darf, auch die von ihm in New Orleans für die Aufnahmen zu „Victory Mixture“ verpflichteten Session-Profis so, die ihn – „Wow, this guy is really bizarre!“ – wie einen Menschen vom Mars bestaunten und angesichts seiner etwas unprofessionellen Arbeitsweise angeblich auch deswegen fremdelten, weil sie das Gefühl hatten, Willy würde mit seinen Cover-Versionen berühmter New-Orleans-Klassiker ihre Musik „klauen“.

Ungeniert aus dem Nähkästchen plaudern auch die Linernotes zu „Live In Paris And New York“ aus, dass die im Bottom Line Club mitgeschnittenen Songs weitgehend original übernommen wurden, dass aber die 1993 in Paris aufgezeichneten Songs – Willy stark alkoholisiert an beiden Abenden – völlig unbrauchbar waren und weitestgehend im Studio neu aufgenommen werden mussten. Auch das Zeitfenster war dafür sehr begrenzt, auf 13 bis 17 Uhr! Aber das Ergebnis ist auch wegen der in Hochform musizierenden Begleiter sehr ergiebig. (Big Beat/Soulfood) Franz Schöler

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