Wolfgang Herrndorf :: Bilder deiner großen Liebe

Mit letzter Kraft konnte Wolfgang Herrndorf noch sein digitales Tagebuch „Arbeit und Struktur“ fertigstellen, bevor der an einem Hirntumor leidende Autor den Freitod wählte. Isa, die frühreife Protagonistin seines nun erscheinenden unvollendeten Romans „Bilder deiner großen Liebe“ kennen wir schon aus seinem Bestseller „Tschick“. Statt im psychiatrischen Heim zu versauern, tritt sie zu Beginn des Buches die Flucht an, meistert mutig die Herausforderungen eines Landstreicherlebens, begegnet auf ihrer Reise durch Land und Wald allerhand skurrilen Gestalten, darunter einem Bankräuber, einem taubstummen Jungen und einem zwielichtigen LKW-Fahrer. Dass sie gegenüber den allerorts männlichen Begierden standhaft bleiben kann, zeugt von der Selbstsicherheit einer tapferen Rebellin. Doch alle Stärke täuscht nicht über ihre Halluzinationen hinweg. Die lose miteinander verbundenen Szenen wirken surreal und entziehen sich der Realität. Einzig das Tagebuch der Heldin gibt dem Puzzle einen Rahmen. Schreiben heißt Selbstvergegenwärtigung in einer verlorenen Welt – für sie und für Herrndorf. (Rowohlt, 16,95 Euro)

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