Wolfgang Hilbig :: Das Provisorium

Ein „Provisorium“ für die Ewigkeit: 13 Jahre nach Erscheinen liegt Wolfgang Hilbigs (1941-2007) letzter Roman nun als sechster Teil einer siebenbändigen Werksausgabe vor. Man kann mit diesem zeitlichen Abstand viel in die stark autobiografische Geschichte eines schweren Alkoholikers, ehemaligen DDR-Industriearbeiters und späten Schriftstellers hineingeheimnissen, der in den 80er-Jahren – mit einem Visum ausgestattet – zwischen Ost und West hin und her pendelt. So wie es die für eher konventionelle Hervorbringungen bekannte Deutsche-Buchpreis-Gewinnerin Julia Franck („Die Mittagsfrau“) in ihrem hymnischen Nachwort über den Büchner-Preis-Gewinner Hilbig anstellt, wenn sie gar von einer „kafkaesken Suada“ spricht, der man unbedingt die „Rezeption als Ost-West-Orientierungsgeschichte“ entreißen müsse. Da hat sie natürlich nicht unrecht. Hilbigs rückhaltlose, ätzende Wahrnehmung der Innen- und Außenwelt versetzt nicht nur die Hauptfigur C., einen Fremden und Rebellen im literarischen Betrieb, in Trancezustände, sondern eben auch seine Leser. „Um meine Werke schreiben zu können, habe ich meine Biografie, meine Person geopfert“, zitiert Hilbig zu Beginn August Strindberg. Ein dunkles Buch, aber ein ungemein erhellendes.

(S. Fischer, 21,99  Euro)   

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