Yazoo – In Your Room :: Die beiden Alben des ungleichen Duos in einem Paket

Zu den ersten Platten, die von der französischen Plattenfirma Vogue (auch bei uns) auf CD veröffentlicht wurden, gehörte das Debüt von Yazoo. Auf dem Cover prangte unübersehbar der Vermerk „Digital Recording“, auf der CD selbst abgedruckt war zusätzlich die Behauptung „Digitally Recorded“. Das war zwar geflunkert, und natürlich fand sich auch nirgends ein Hinweis darauf, welche Geräte Toningenieur Eric Radcliffe für diese Sessions von Sony oder 3M geliehen haben wollte. Die fanden in einem Heim-Studio statt, das er in Windeseile binnen zehn Tagen hatte einrichten müssen (wie er jetzt in den Liner Notes der Remaster-Edition ausplaudert), und so klang das dann: lofi ohne Ende!

Dem Duo konnte das zu dem Zeitpunkt auch schon völlig egal sein. Das hatte sich nach vier Hits und einem Nr. 2-Album binnen 14 Monaten schon wieder getrennt, am Ende gerade noch eine zweite LP fertiggestellt (die es dann gar bis auf Nr. 1 schaffte) und sich auch von all jenen Kritikern nicht beeindrucken lassen, die in den Ergüssen zu „You And Me Both“ jammerten, dass sich der Synthiepop-Star und die Sängerin ausgerechnet nach ihrer besten Platte nicht mehr auf eine gemeinsame Zukunft verständigen konnten. Am Ende füllten der Klatsch über dieses odd couple der britischen Popmusik mehr Seiten als alle kritischen Auseinandersetzungen mit dem schmalen Vermächtnis, das Yazoo hinterließ. Nur hatten die beiden von genau der Disharmonie profitiert. Alison Moyet hatte in einer „Melody Maker“-Anzeige nach „rootsy blues musicians“ gesucht, die sie bei ihrer neuerlich geplanten Sangeskarriere begleiten könnten. Vince Clarke hatte sich von Depeche Mode getrennt und suchte für diesen brandneuen Song „Only You“ jemanden, der demselben durch eine kongeniale Interpretation richtig Leben einhauchen könnte.

Miss Moyet war also die Testperson. Dass die Sängerin hinter der Anzeige niemanden durch Pin-up-Qualitäten beeindrucken würde, störte ihn sicher am wenigsten. Zum Sexsymbol taugte er selber nicht, aber in dieser Zusammenarbeit konnte er neue musikalische Ideen weit radikaler und lockerer ausprobieren, als ihm das die Depeche Mode-Kollegen gestattet hätten. Das ganze Yazoo-Projekt war also ein Zweckbündnis, in dessen Rahmen jeder für sich die eigenen Songschreiber-Qualitäten einbrachte. Wobei Clarkes Songs beim zweiten Album schon klar in Richtung Erasure wiesen, während alles von Alison Moyet sich zwar auch durch beträchtliche Ohrwurmqualitäten auszeichnete, aber mehr als nur Pop-Anspruch anmeldete. Ambitionierter noch als „Winter Kills“, transzendierte ein Song wie „Ode To Boy“ alle Synthie-Pop-Konventionen dieser und auch folgender Jahre doch beträchtlich.

Dass das nicht alles ein großer akustischer Sumpf war, den Tonmann Radcliffe produziert hatte, war schon nach einer „Best Of‘-CD von 1999 klar geworden. Neben den kompletten Single-B-Seiten, diversen über die Jahre hinweg produzierten Remixes, Promo-Videos und einem knappen Dutzend BBC-Mitschnitten bietet die Box-Set-Version die beiden LPs auf DVD in ganz neuen Surround-Mixes. Dass die nun so mächtig beeindrucken würden wie die von „A Night At The Opera“ oder unlängst die von Donald Fagen, „wäre gelogen. Besser als zuvor klingt der Synthie-Pop mit Seele aber hier allemal.

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