Yello

Touch Yello

Willkommen in der ZigarrenraucherLounge. Hier weiß man zu genießen, geht die Dinge langsam an, gibt den Aromen Zeit, sich zu entfalten. Dieter Meier könnte dort Stammgast sein, einen Rückzugspunkt gefunden haben, um sich von anstrengenden Profi-Poker-Turnieren zu erholen, oder von der harten Arbeit als Winzer und Biorinderzüchter in Argentinien. Plätze wie die Zigarrenraucher-Lounge findet man am ehesten in Zürich, und niemand wäre ein besserer Betreiber als der schläfrige Charmeur Charles Schuhmann. Als Stammklientel könnte man sich reife, kreative Machtmenschen vorstellen, Macher und Spieler. An schönen, geheimnisvollen und vor allem junge Frauen dürfte kein Mangel herrschen, die Gespräche sollten sich um Erfolg, Geld und Miami drehen.

Und während Dieter Meier vielleicht tatsächlich durch das edle Interieur schlendert und mit einem Ohr dem sonoren Gemurmel der Gäste zuhört, schaut er immer wieder verstohlen auf seine Breitling. Boris Blank hat sich verspätet. Vielleicht muss er noch ein Panflöten-Sample austauschen gegen das elektronisch induzierte Summen von 10000 Bienenvölkern. Es gab ja wieder soviel zu tun für „Touch Yello“ – dass erste Album des Duos seit sechs Jahren. Nicht so sehr für Meier, den Künstler, Entrepreneur und eleganten Weltbürger, dessen Aufgabe es ist zu repräsentieren und ab und zu ein tiefes Brummeln von sich zu geben. Eher für Blank, den „Schöpfer des typischen Yello-Sounds“, wie es das Info der Plattenfirma so trefflich auf den Punkt bringt.

30 Jahre beschäftigt sich der 57-jährige jetzt damit, die neueste technologische Hard- und Software so zu verbinden, dass die Sorte Musik dabei herauskommt, die man sich in coolen Bars (und früher auch Clubs) wünscht. Das darf keinesfalls billig klingen! Deshalb hat Blank diesmal auch Till Brönner ins Studio gebeten, denn dessen luxuriöses Blasen passt so gut zu Meiers immer heiser werdendem Brummeln. Die Schweizer Gesangs-Entdeckung Heidi Happy steuert etwas jugendliche Frische bei, und beim Duett in „Part Love“ wird der 64-jährige Meier deshalb ganz wuschig und balzt los wie ein Junger.

Ach, wie herrlich würde diese Musik jetzt in die edle Zigarrenraucher-Lounge passen, wenn nur Blank endlich mit dem Album käme. Stattdessen hält vor der Tür eine große Limousine, und Michel Cretu steigt aus. Da bekommt Meier einen roten Kopf. Eine Plagiatsklage können Yello jetzt nun wirklich nicht gebrauchen. Nicht in diesen Zeiten.

Jürgen Ziemer