Songs aus der Stube

Es wird Zeit, Soul neu zu definieren, sagt INDIA ARIE und fängt gleich damit an

Müde und immer noch ein wenig malade versieht India-Arie ihren Promo-Dienst – leicht verwundert darüber, dass sie jetzt hier in Deutschland Rede und Antwort stehen soll für Songs, die sie „zu Hause in der Stube“ geschrieben hat.

Doch es braucht nur das nicht unsympathische Lethargie aufzubrechen und die Debütantin zu einem längeren Vortrag zu verleiten. Dieser schließt mit ihrer Botschaft, dass es „viel mehr Soul-Sänger gibt, als die meisten Leute heute denken“. Was wiederum mit ihrer Definition von Soul zu tun hat.

Soul, sagt die 25-jährige Sängerin und Songschreiberin, sei lange nur mit einem bestimmten Gesangsstil gleichgesetzt worden, der den Ursprüngen in den 60er Jahren nacheiferte. Doch wenn sie James Taylor höre, „dann höre ich auch Soul-Musik“. Und bei R. Kelly und gar Nashville-Tenor Vince Gill ebenso.

India.Arie hält nichts von Vorurteilen, sie hört auf andere Dinge: „Soul hat damit zu tun, wo du mit deinem Gesang und deinen Songs herkommst.“ India.Aries Familie kommt eigentlich aus dem amerikanischen Süden, schon Opa und Oma sangen in Memphis den Blues. Doch der Job des Vaters, der ein Jahrzehnt als Basketball-Profi spielte, verschlug die Familie während Aries Kindheit nach Colorado, zu den „Denver Nuggets“. Früh lernte sie allerlei Blasinstrumente von Saxofon bis Flügelhorn, und „ich dachte immer, dass ich Musik studieren würde“. Als das College rief, hatte sie aber „erst einmal genug davon“ und schrieb sich für Schmuckdesign ein. Ihren Kindheitstraum konnte sie allerdings auch während dieser Zeit nicht vergessen: „Seit ich zehn war, habe ich mir immer vorgestellt, ich wäre James Taylor. Nein, natürlich nicht wirklich er, sondern jemand mit Gitarre, jemand, der einfach spielen kann. Spielen und singen.“

Ihre Stimme hatte sie schon entdeckt, aber erst der Griff zur Gitarre ermöglichte ihr „einen anderen, freieren Ausdruck“ und damit auch den Sprung aus der Hülle der introvertierten Eigenbrötlerin. Der hat India-Arie und ihrem ersten Album ^Acoustic Soul“ in den USA schon Vergleiche mit Lauryn Hill eingebracht, die sie versucht, „an mir abprallen zu lassen. Es gab ja auch eine Zeit, als Stevie Wonder der kleine Ray Charles war“.

Apropos: Ist es etwas Besonderes für sie, die Karriere ausgerechnet beim Traditionslabel Motown zu starten, nachdem andere Interessenten „nur eine hübsche Frau und eine nette Stimme“, aber nicht ihre Songs goutiert hatten? „Mir ist schon bewusst, dass ich da in einer besonderen Reihe stehe“, sagt India.Arie. „Aber es hat nichts mit dem Namen Motown zu tun, sondern eher mit Künstlern wie Stevie Wonder und Marvin Gaye. Wichtig ist mir, dass die Leute dort meine Musik verstehen. Sie haben nie versucht, mich zu ändern. Deshalb bin ich zu Motown gegangen.“

Inzwischen ruht India-Arie so in sich selbst, dass sie massenkompatiblere Kolleginnen nicht mehr grundsätzlich ablehnt: „Vor Jahren hätte ich noch gesagt, ich hasse alles, was im Radio gespielt wird. Aber die Mädchen von Destiny’s Child beispielsweise können echt singen. Ich höre mir populäre Musik inzwischen einfach etwas entspannter an.“

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