Sounds: Jenny Hval & Susanna, Le Butcherettes und Drcarlsonalbion

Der Blues scheint verflogen, es bleiben die Sounds: unsere monatliche Kolumne von Redakteur Jens Balzer. Im September mit: Sounds: Jenny Hval & Susanna, Le Butcherettes und Drcarlsonalbion.

Diesmal vorgestellt:

Jenny Hval & Susanna – Meshes Of Voice ***1/2

Le Butcherettes – Cry Is For The Flies ***

Drcarlsonalbion – Gold ***

Die norwegische Jazz-Sängerin Susanna Wallumrød ist vor allem mit den Platten bekannt geworden, die sie unter dem Namen Susanna And The Magical Orchestra aufgenommen hat; in einem klaren, leidenschaftlichen, aber niemals sich überschlagenden Sopran sang sie darauf nachtdunkel schillernde Songs und zeitlupenartig verlangsamte Cover-Versionen von Dolly Parton bis Rush, von Sandy Denny bis Joy Division. Auch ihre Landsfrau Jenny Hval ist eine herausragende, überaus wandlungsreiche Sängerin, wenn auch eher den Traditionen des Industrial- und Gitarren-Noise verpflichtet; im Mai letzten Jahres lobten wir sie an dieser Stelle für ihr Album „Innocence Is Kinky“, auf dem sie unter anderem über ödipale Komplexe und Androgynie unter Amphibien sang, schrie und knurrte. Auf „Meshes Of Voice“ befinden sich schillernder Schönklang und musikalische Schroffheit in spannungsreicher Synthese. Fabelhaft, wie die beiden ihre unterschiedlichen Sing-, Schrei- und Seufzstile gegeneinander setzen und ineinander verflechten; dazu wird Klavier, Autoharp und elektrisches Harmonium gespielt; es gibt aber auch knirschend sich durch den Fjord schiebende Klangflöze zu hören und leicht angekrustete Gitarrenfeedbackfiguren. Manchmal modulieren die beiden ihre Duette derart, dass sie wie ein neogregorianischer Nonnenchor klingen; manchmal singen sie so sacht und entrückt knapp über der Gemurmelgrenze, als wäre hier eine doppelte Julia Holter am Werk. (SusannaSonata)

Auch das neue Album von Le Butcherettes lebt vom abwechslungsreichen Einsatz von weiblichem Gesang und Geschrei. Allerdings bewegt sich die Band von Teri Gender Bender und dem The-Mars-Volta-Gitarristen Omar Rodríguez-López nicht in Jazz- oder Noise-Gefilden, sondern in der Tradition schmutzigen Garagenrocks mit sexuell und sonstwie offensiv agierenden Sängerinnen. Bei ihren ersten Konzerten pflegte Teri Bender Gender rohes Fleisch zu verzehren, und zwar aus feministischen Gründen; der große Feminist Henry Rollins absolviert auf dem neuen Album „Cry Is For The Flies“ denn auch einen Gastauftritt. „Butcherette“ kann man übrigens wahlweise als „kleingewachsene Mörderin“ übersetzen oder als „Fachkraft fürs Tranchieren“. (Ipecac)

Frauenselbstermächtigung im Kanada der Goldrausch-Epoche: Das war das Thema des drolligen Berlinale-Films „Gold“ von Thomas Arslan mit Nina Hoss als schweigsamer Frau, die ihren Weg geht beziehungsweise reitet. Berliner Schule trifft Karl-May-Spiele Bad Segeberg – eine erstaunliche Kombination! Mit einem ebenso erstaunlichen Soundtrack: Diesen komponierte nämlich kein anderer als Dylan Carlson von Earth unter seinem Zweitnamen Drcarlsonalbion, und zwar in Form eines einsamen, endlos wiederholten Country-Doom-Rock-Gitarrenriffs. Ein Jahr nach dem regulären Filmstart kann man Carlsons sinister-müd dahintrabenden Score jetzt auch als Download erwerben oder als luxuriöse Vinyl-Edition. (Oblique)

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